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HELENA WALDMANN

BIOGRAPHIEN

Tanzregisseurin, lebt in Berlin

Portrait über HELENA WALDMANN von Dorion Weickmann
Helena Waldmanns Arbeiten sind regelmäßig dazu angetan, unser Selbstbild wie unsere Wahrnehmung fremder Kulturen zu durchkreuzen. Die Berliner Regisseurin und Choreografin nähert sich ihren Stoffen gleichsam mit dem Blick der Anthropologin, die scheinbar Vertrautes und Alltägliches so lange beobachtet, bis sich alle Gewissheiten verfremden und in dichte (Tanz-) Beschreibungen verwandeln. Statt mit Wucht zu provozieren, geht Waldmann jeweils mit feinen Nadelstichen vor: Die Textur ihrer Werke ist ebenso präzise wie effektvoll geschnitten, und ihre Zumutung an den Zuschauer liegt eben nicht im ästhetischen Skandal, sondern in der Summe ausdrucksstarker und dennoch wohl dosierter Bilder. Dass Tanz eine Frage der Haltung, auch der politischen Haltung – im Sinne der Infragestellung eigener Positionen – ist, darauf weist jede Produktion aus Waldmanns weltweit vernetzter Werkstatt hin.

CV
Seit ihren Anfängen, dem Studium der Angewandten Theaterwissenschaft in Gießen und ihren ersten Arbeiten an deutschen Stadttheatern in den frühen 1990er Jahren mit Heiner Müller, George Tabori und Gerhard Bohner, nach Jahren am Frankfurter Mousonturm und freien Koproduktionen mit internationalen Theatern und Festivals – immer legt sie den Finger in gesellschaftliche Wunden und schafft Gesamtkunstwerke, die weit über herkömmliche Tanztheaterabende hinausgehen.

Helena Waldmanns Arbeiten wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet und reisen durch die Welt: Europa, Indien, Iran, Afghanistan, Ägypten, Kenia, Palästina, Brasilien, Venezuela, Bolivien, Ecuador, Sri Lanka, Vietnam und Korea. Ihre Meinung ist gefragt bei Symposien, als Dozentin und in Workshops in Europa, Äthiopien, Japan, Afghanistan und Bangladesh. Die Reisen inspirieren sie zu immer neuen Stücken: so zu ihrem in Teheran produzierten «Letters from Tentland» für sechs iranische Frauen, zu ihrem in Palästina gedrehten Kurzfilm «emotional rescue», ihren von iranischen Exilantinnen formulierten Antworten auf die europäische Asylpolitik in «Return to Sender», sowie ihrem anarchisch-rauschhaften Fest gegen die Arbeitsdiktatur der Leistungsgesellschaft in «feierabend! - das gegengift». Die fesselnde Performance «BurkaBondage» zeigt den islamischem Schleier und das japanische Bondage in einer temporeichen Beziehung von Fessel und Schutz. In "revolver besorgen" feiert sie das Vergessen. Für dieses Solo wurde die Tänzerin Brit Rodemund als Tänzerin des Jahres 2011 ausgezeichnet. Das im Vergessen enthaltene Glück setzt sich fort in ihrem "GlückStück". Hier erklärt sie den kleinsten Bühnenraum zu einem Pulverfass des Tanzes. Ihre furchtlosen Vier finden das Glück im Rebellischen und in der Würde.
Die Projekt-Ensembles, die sie in der Regel vor Ort castet, verleihen ihren Inszenierungen eine Authentizität und Eindringlichkeit, die zum Markenzeichen ihrer Arbeit geworden sind. So arbeitete sie für ihren internationalen 
Tourneeerfolg (Made in Bangladesh) mit 12 Kathaktänzern aus Dhaka, die 
die Arbeitsbedingungen von sweatshops in den Boden tanzen. Mit Tänzern, Akrobaten und 22 Mauerbauern hat sie das Ansehen des Passes in Hinblick auf die Bewegungsfreiheit, die er garantiert oder nimmt untersucht (Gute Pässe Schlechte Pässe). Der Pass als erster Repräsentant des Nationalismus, den wir alle mit uns führen, produziert legale und illegale Grenzgänge: auch in der Ästhetik. In „Der Eindringling“ (2019), hat sie zusammen mit drei tanzenden Martial Artists Analogien von Körper/Virus und Politik gezogen, die mittlerweile geradezu prophetisch wirken. Im Wintersemester 2018/19 war sie Bertolt Brecht Gastprofessorin am Centre of Competence for Theatre an der Theaterwissenschaft der Universität Leipzig. Seit Ende 2019 bis zum Lockdown im März 2020 arbeitete sie gemeinsam mit vier Choreografie-Kollaborateuren (Sidi Larbi Cherkaoui, Richard Siegal, Gintersdorfer/Klaßen und Rainer Behr) an einem gemeinsamen Stück 'Encounters' für das Tanztheater Wuppertal | Pina Bausch. Zuletzt inszenierte sie einen Kurzfilm "Cloakroom Encounters. Garderobenbegegnungen" mit fünf Pina Bausch Tänzer*innen und den Sängerinnen des WoW-Women of Wuppertal für das Tanztheater Wuppertal | Pina Bausch .


Eigene Inszenierungen

"Die Arbeit Helena Waldmanns ist ein Glücksfall fürs Theater. Die Berliner Choreografin ist eine Magierin der Bühne, die weiß, dass ein Stück nur gelingt, wenn es das Spiel mit Illusionen bedient. Und sie ist eine kritische, intelligente Instanz, die über die Mechanismen des Theaters auch gesellschaftliche, politische Konventionen hinterfragt. Sinnliches und Nachdenkliches gehen da immer zusammen.“ (Andrea Kachelrieß, Stuttgarter Nachrichten).

2020 «Cloakroom Encounters. Garderobenbegegnungen» - ein Tanzfilm made in Wuppertal - Tanztheater Wuppertal | Pina Bausch (D)
2019 «Der Eindringling» Theater im Pfalzbau Ludwigshafen
2018 «We Love Horses» für Gauthier Dance//Dance Company Theaterhaus Stuttgart
2017 «Gute Pässe Schlechte Pässe» Theater im Pfalzbau Ludwigshafen
2015 «Made in Bangladesh» nominiert für den Deutschen Theaterpreis DER FAUST
2014 «Made in Bangladesh» Dhaka (BD)
2011 «GlückStück» Radialsystem V Berlin
2010 «revolver besorgen» Festival DANCE 2010 München
2009 «BurkaBondage» Haus der Berliner Festspiele
2008 «feierabend! – das gegengift» Kampnagel Hamburg
2006 «Return to Sender - Letters from Tentland» Festival Montpellier Danse (F) ausgezeicnet mit Novi Sad Theaterpreis (Serbien)
2006 «Crash» - Saarländisches Staatstheater Saarbrücken, Trafo Budapest, Muffathalle München
2005 «Emotional Rescue» - ein Tanzfilm, mit Tänzern der El-Funoun Troup aus Ramallah und Performern aus Gaza (Palästina)
2005 «Letters from Tentland» für sechs iranische Performerinnen (Tehran/Berlin)
2003 «Headhunters» -cutting the edges-, Regie/Choreographie in Koproduktion mit Cristina Castro, Cie.VilaDança, Teatro VilaVelha, Salvador de Bahia (BR) ausgezeichnet mit dem UNESCO Preis
2003 «waschen schneiden fönen», Gastregie/Choreografie am Luzerner Theater (CH)
2002 «Die Invasion der Pinguine», Gastregie/Choreographie am Staatstheater Darmstadt
2002 «Odyssee 2002», Gastregie am Luzerner Theater (CH)
2001 «Quer durch die Zeiten: China auf dem Laufsteg» China Wochen Berlin /Peking
2001 «Gelage für Langschweine» -ein Gastmahl-, Podewil Berlin
2001 «Show-Fenster», Atelier Markgraph, YelloMiles Auftritt auf der GDS Düsseldorf ausgezeichnet mit dem 1. Preis der Kategorie Exhibition Events: EVA 2001
2001 «Ausweitung der Kampfzone» von M. Houellebecq, Gastregie am Luzerner Theater
2000 artist in residence im Podewil Berlin
2000 «see and be scene» -a catwalk banquet-, Berliner Festspiele und Podewil Berlin

"Forschung auf dem Feld der Blicke" nennt Waldmann die Inszenierungsreihe, die von 1993-99 am Künstlerhaus Mousonturm in Frankfurt/Main entsteht:
1999 «CheshireCat® - a little revue»
1998 «glücksjohnny - a boat movie»
1997 «vodka konka - optics break dance» ausgezeichnet mit IMPULSE '97 NRW Preis
1996 «face.... à - an erotic phantasmagoria»
1995 «circuit - a raging roundabout»
1993 «die krankheit tod - an overhead show»

als freischaffende Regisseurin inszeniert sie:
1993 «Affaire Rue de Lourcine» von Eugène Labiche
1992 «Amphitryon» von Heinrich von Kleist

am Schauspielhaus Bochum entstehen:
1992 «ungeduscht, geduzt und ausgebuht» nach Max Goldt/Wiglaf Droste (UA)
1991 «In der Einsamkeit der Baumwollfelder» von Bernard-Marie Koltès
1990 «Verkürzte Landschaft» nach Georg Paulmichl (UA)

1989-90 assistiert sie bei Frank-Patrick Steckel, Urs Troller, Gerhard Bohner und Jürgen Gosch am Schauspielhaus Bochum. Arbeitet mit Heiner Müller, Adolf Dresen, Emma Lewis Thomas, Molly Davies; mit George Tabori an den Münchner Kammerspielen und mit Axel Manthey am TAT in Frankfurt/M. Studiert von 1982-87 Angewandte Theaterwissenschaft an der Universität Gießen und schließt das Studium als Diplomtheaterwissenschaftlerin ab.
Geboren 1962.


Workshopleitung in Afghanistan, Äthiopien, Bangladesch, Deutschland, Griechenland, Indien, Iran, Japan, Korea, Schweiz, Hongkong

2019 West Kowloon Cultural District Authority, Hongkong, 1-week workshop on "anatomical theatre"
2013 Shadhona Dance Institute, Dhaka/Bangladesh, 5 day workshop on „deconstruction“
2012 Performing Arts Festival, Seoul/Korea, 2-day-workshop on „The forgetting„
2012 Theaterfestival Basel, 1-day-workshop on „strategies“
2012 Kuratorin für das Düsseldorfer TryAngle Performing Research Laboratory
Tanzhaus NRW, Düsseldorf (D) / Théatre Les Bernardines, Marseille (F) /
O Espaco do Tempo, Montemor-o-Novo (P)
2011 Goethe-Institut Addis Abeba/Äthiopien, 14-day-workshop on „Urbanity“
2010 Goethe-Institut Dhaka/Bangladesch, lecture on „New Commons“
2009 Tokyo Wonder Site, Tokyo/Japan, 3-day-workshop on „forgetting“
2009 10th Summer Academy of National Theatre of Greece „Archeology of theatre
experiance“, Worktable on "Actor's Body and Cultural Identities", Macedonian Museum of
Contemporary Art, Thessaloniki/GR
2008 Goethe-Institut Osaka /Japan, 2-day-workshop „Shop Without Work“
2008 Goethe-Institut Tokyo/Japan, 2-day-workshop „Shop Without Work“
2008 University of Fine Arts, Kabul/Afghanistan, 8-day-workshop während des
5. nationalen Theaterfestivals in Kabul
2007 University of Fine Arts, Kabul/Afghanistan, 1-day-workshop während des
4. nationalen Theaterfestivals in Kabul
2007 National School of Drama, Dehli/Indien, 1-day-workshop on „Reality“ + Lecture
2007 Berliner Theatertreffen, internationaler 10-day-workshop „Shop Ohne Work“
2005 6th Summer Academy of National Theatre of Greece, „About Love“, 7-day-workshop on „Abduction – Seduction“, Oia, Santorini/GR


Gastprofessur und Lehraufträge an Hochschulen
WS 2018/19 Bertolt Brecht Gastprofessur am Centre of Competence for Theatre an der Theaterwissenschaft der Universität Leipzig
2010 Künstlerische Gastdozentur. Institut für Theater- und Medienwissenschaft, Erlangen, zum Thema: Vergessen
2009 Japan Foundation und Goethe-Institut Tokyo,"Fostering Peace through Cultural Initiatives";"BurkaBondage"- The development of a dance theatre project between Germany, Afghanistan and Japan
WS 2004/05 Lehrauftrag am Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft, Universität
Frankfurt/Main, Szenisches Projekt „Scham über die Scham“
WS 1994/95 Lehrauftrag am Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft, Universität Frankfurt/Main, Szenisches Projekt „Der Heilige Sebastian“
SS 1995 Lehrauftrag am Institut d'Etudes Théâtrales de la Université Paris 8, Saint-Denis, Paris. Internationales szenisches Projekt „Die Erotik der Wunde“

eigene Publikationen
2011 Betroffenheitstouristen, in: Konfliktkulturen. Texte zu Politik, Gesellschaft, Alltag und Kunst. Hrsg. Ronald Grätz + Hans-Georg Knopp, Steidl Verlag
11/2010 Gefangen oder frei? Die Theaterproduktion „BurkaBondage“ erkundet die Sehnsucht nach Bindungen. in: Kulturaustausch, Zeitschrift für internationale Perspektiven. Hrsg. Institut für Auslandsbeziehungen ifa
02/2010 Das Korsett der Befreiung , Fesselkünste in Afghanistan und Japan – eine Reise am Seil, in: Kulturaustausch, Zeitschrift für internationale Perspektiven. Hrsg. Institut für Auslandsbeziehungen ifa
2006 Korsett. Der Raum ist ein Korsett, sonst hätte man alle Welt zur Verfügung.
in ballettanz, Jahrbuch über FREIRÄUME, 2006
2005 Wie Tentland entstand und als Karawane immer weiter zieht, in: Letters from Tentland. Zelte im Blick: Helena Waldmanns Performance in Iran. Hrsg. Susanne Vincenz, TanzScripte, transcript Verlag


Buchpublikationen über Helena Waldmanns Arbeiten


2013 Claudia Rosiny, Intermediale Beziehungen zwischen Mediengeschichte und moderner Tanzästhetik, transcript Verlag
2012 Natasha Hassiotis, Große Choreografen, CaptainBook, Athen
2008 Arnd Wesemann, IMMER FESTE TANZEN, ein feierabend! transcript Verlag
2005 Susanne Vincenz, Letters from Tentland. Zelte im Blick: Helena Waldmanns Performance in Iran. TanzScripte, transcript Verlag
1999 Hans Thies Lehmann, Postdramatisches Theater Medien im postdramatischen Theater: Virtuelle Präsenz, Verlag der Autoren

Sowie unzählige Portraits und Rezensionen in Tageszeitungen, TV- und Radio-Sendern, Fach- und Monatspresse, wie zuletzt:

Dorion Weickmann über Helena Waldmann Frei von institutionellen Navigationssystemen bleibt sie hart auf Kurs. Die Tanzregisseurin sorgt für politisch Brisantes. In: tanz 3/12, europe's leading dance magazine


Doktor- und Magisterarbeiten über die Theaterarbeit von Helena Waldmann


# Medien-Theater. Medieneinsatz und Wahrnehmungsstrategien in theatralen Projekten der Gegenwart. Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Philosophischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn. Vorgelegt von Kerstin Gehse, 2000

# „Schau-Lust“ Wo die Lust am Zuschauen zum kreativen Handeln im Kopf wird. Die Performance-Arbeiten von Helena Waldmann. Magisterarbeit, Philosophie I der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Vorgelegt von Carmen Stall, 1998

# Tanzanalyse und Musikeinsatz im „GlückStück“ von Helena Waldmann. Magisterarbeit an der Hochschule für Musik und Tanz Köln. Vorgelegt von Stefanie Schwimmbeck, 2012

# Globale Körper. Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde an der Hochschule für Musik und Tanz Köln. Vorzulegen von Taiya Mikisch, 2013/14


Studium von 1982-87: Angewandte Theaterwissenschaft an der Justus Liebig Universität Gießen bei Prof. Dr. Andrzej Wirth und Prof. Dr. Hans-Thies Lehmann. Arbeitet innerhalb des Studiums u.a. mit Heiner Müller, George Tabori, Adolf Dresen, Emma Lewis Thomas und Molly Davies.
Abschluss als Diplomtheaterwissenschaftlerin. Note: sehr gut
Diplomarbeit im Fach Angewandte Theaterwissenschaft. „Das Modellbuch als Prozess. George Taboris Inszenierungen 'Warten auf Godot' und 'Glückliche Tage'“. Vorgelegt von Helena Waldmann, 1987. Prof. Dr. Andrzej Wirth. Note: sehr gut

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