HELENA WALDMANN
REPERTOIRE
TANZREGIE, BÜHNE UND KONZEPT | HELENA WALDMANN |
KOMPONIST | JAYROPE |
LICHTDESIGN | MARIO DASZENIES |
KOSTÜMDESIGN | JUDITH ADAM |
PREMIERE | 12.7.2018 GAUTHIER DANCE//DANCE COMPANY THEATERHAUS STUTTGART |
DAUER DER VORSTELLUNG | 15 MIN |
ON STAGE | 6 TÄNZER*INNEN |
Die Windsbraut – Helena Waldmann
Ob männlich, ob weiblich: Die meisten Choreographen experimentieren gern und ausgiebig, solange sie karrieretechnisch noch Anlauf nehmen. Haben sie die ersten Hürden hinter sich, das passende Tempo und den eigenen Stil gefunden, wird die Dynamik abgebremst. Manchmal bis zum völligen Stillstand. Die Kunst behauptet sich als Marke, ist mehr oder minder gut verkäuflich, der Handwerkskoffer prima bestückt – weiteres Herumschrauben überflüssig. Die Tanzregisseurin Helena Waldmann kam nie auf die Idee, sich in dieser Komfortzone einzurichten und nur noch Wiederholungsschleifen zu binden. Statt- dessen erfindet sie sich und ihre Kunst unablässig neu: mit jedem Stück, jedem Team, auf jedem Trip. Waldmann ist sozusagen die Windsbraut der Tanzszene. Kaum ist eine Premiere gelaufen, zieht sie samt Crew und Tourneekoffer kreuz und quer durch Deutschland, Europa, bisweilen durch die halbe Welt. Umgekehrt holt sie mit ihren Stücken Welt und Wirklichkeit ins Theater. Mal poetisch, mal politisch nimmt sie ins Visier, was uns alle umtreibt: Glücksjagd, Vollverschleierung, Demenz, Ausbeutung, Aus- grenzung – ihre Themenpalette ist so bunt wie das Leben selbst und sorgt garantiert immer für Furore. Weil Helena Waldmann in Bildern denkt statt in abstrakten Begriffen und gar nicht darauf erpicht ist, gebrauchsfertige Botschaften zu liefern. Ihre Bühne ist kein Katheder, sondern ein Tanzlabor, das Wirbel macht und Frischluft in unsere Köpfe pustet. Wie es sich für eine kühne Berliner Windsbraut gehört. Dorion Weickmann
„Im Schnitt werden 148 neue Gesetze pro Jahr in Deutschland verabschiedet, von der Regierung, vom Bundestag und vom Bundesrat“, sagt Helena Waldmann: „Gesetze, damit wir uns zügeln, an die Kandarre nehmen und in die Hufe kommen. Kurzum: Wir lieben die Peitsche.“ Jeder Peitschenschlag ist ein neues Muss, ein neues Gesetz, ein neuer Befehl, und wer dem nicht adäquat folgt, wird verbessert – durch einen neuen Peitschenschlag, wie bei einer Pferdedressur.
In We Love Horses konfrontiert Helena Waldmann die Freiheit der Bewegung mit der Domestizierung (nicht nur) von Pferden. Weil wir bei all unserem Stolz bereit sind, uns domestizieren zu lassen und uns permanent gegenseitig zu erziehen, kontrollieren, dressieren – ohne zu merken, wie unfrei wir dadurch werden, wie vielen Zwängen wir gehorchen, ungeschriebenen und geschriebenen Gesetzen, die uns diktieren, was wir zu tun und zu lassen haben. Um nicht aufzufallen. Um zu gefallen. „Wir lieben die Peitsche, und wir strecken unsere Hin- tern freiwillig hin.“ Indem Helena Waldmann in We Love Horses diesen Mechanismus aus Zuckerbrot und Peitsche in den Blick rückt, wird das Stück zum Plädoyer für mehr menschliche Freiheit und Wildheit.