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GAUTHIER DANCE//DANCE COMPANY THEATERHAUS STUTTGART

PRESS CLIPPINGS

COOLE TYPEN TANZEN DEN HOT-SHOT-POP
Verehrte Stuttgarter Tanzfreunde! Haben Sie schon Gauthier Dance im Theaterhaus gesehen? Kennen Sie seinen ersten Ballettabend "Six Pack"? Hat der Ihnen gefallen? Dann sind Sie ein wahrer Glückspilz. Dann dürfen Sie sich jetzt richtig freuen. Denn "High FIve", der zweite Ballettabend, den Eric Gauthiers Kompanie am Donnerstag im Theaterhaus auf die Bühne brachte, ist noch einen Tick besser gelungen als der Einstand. Noch schneller, noch intensiver, noch witziger, noch dramatischer. Noch poppiger. Noch cooler. Hat's übrigens schon jemand bemerkt? Der Rezensent ist hingerissen.
Eric Gauthier und seine sechs Tänzer präsentieren fünf Choreographien, geschickt verstrickt zu einem zweistündigen Programm, das niemals langweilig, niemals vorhersehbar, niemals redundant wird - das aber auch nie einfach nur auf den vordergründigen Effekt oder das schnelle Gefühl setzt. Gauthier bleibt sich seiner Linie treu, einen Tanz zu bieten, der auch jenes Publikum anspricht, das nicht zu den Stammgästen des Stuttgarter Balletts zählt, das vielleicht auch ein wenig jünger ist als der typische Staatstheaterzuschauer. All das war ja schon deutlich beim Debüt "Six Pack" im Januar.

Provozierend spielerisch
Doch nun ist die Truppe schon beinahe ein Jahr zusammen. Und es zeigt sich, dass die intensive Arbeit miteinander Früchte trägt. Die Tänzer präsentieren sich gereifter, sicherer, profilierter. Ihr Chef Gauthier bleibt natürlich der große Publikumsliebling, spielt weiterhin am pfiffigsten mit den Gefühlen der Zuschauer. Er hat seine Fans wirklich gut im Griff, wer noch nicht zu ihnen zählte, der wird im Laufe des Abends einer. Aber auch seine Kompaniekollegen, die uns auf der T2-Bühne im Theaterhaus so herrlich nah erscheinen, zeigen zusehends Charakter. Das alles ist frisch, wirkt völlig unverkrampft, geradezu provozierend spielerisch. Und wie selbstverständlich beackert "High Five" in seinen fünf Teilen ein breites stilistisches Feld, das vom Hauschoreographen Gauthier über Bigonzetti und Hans van Manen bis hin zum Israeli Itzik Galili reicht.
In "Eclipse" (Choreografie: Eric Gauthier) geht es zum Auftakt gleich auf große Weltallreise. Auf dem Planeten eines faunähnlichen Geschöpfes landen vier Invasoren in den Outfits vom "Raumshiff Enterprise". Sind es nun Roboter? Oder sind es Menschen, die auf furchtbar wichtig tun? Jedenfalls entwickelt sich ein mit tänzerischen Mitteln ausgetragener interstellarer Kampf, zu dem Jens Peter Abele, eine elektronische Musik komponiert hat, bei der man nicht immer klar entscheiden kann, ob man gerade dem Zischen der Phaserkanonen oder dem Furzen der Ureinwohner lauscht. Das ist herrlich grotesk und ein bisschen wie beim Kindergeburtstag.
So bleibt es aber nicht. Denn als die Eindringlinge endlich das Weite gesucht haben, schaut plötzlich ein zweites faunähnliches Geschöpf auf der Bühne vorbei. Und was sich nun in den kommenden Minuten zwischen diesem Paar (Anja Behrend, Alexis Dupuis-LeBlanc) als Pas de deux entfaltet, ist in seiner eigenartigen Künstlichkeit ebenso fremd wie berührend - und noch dazu hoch erotisch. Mit einem Schwenk ins Publikum und einer ironischen Pointe endet "Eclipse"; ein Auftakt wie im Comicstrip.
Einen kompletten Ballettabend für einen Tänzer hat der Choreograf Hans van Manen zum achtminütigen "Solo" verdichtet: lauter Schritte, Hopser, Gesten, Figuren, Drehungen, wie sie sich sonst auf anderthalb Stunden verteilen, hier nun praktisch in der Reader's, nein: Viewer's Digest-Fassung, und das so atemberaubend schnell, dass man die Partie lieber auf drei Tänzer verteilt, die sich immer abwechselnd die Bälle zuwerfen. das ist ebenso mtreißend wie "The Sofa" von Itzik Galili, in dem ein Mann (Gauthier persönlich) hartnäckig versucht, eine Frau in die Polster zu schmeißen und flachzulegen - bis plötzlich, haste-nicht-gesehen, ein Kerl (William Moragas) just selbiges mit ihm versucht. Ein kompletter Roman, in fünf Minuten dargeboten zum Tom-Waits-Song "Nobody".

Unheilvoll verknotet
Womöglich aber ist in diesem Feuerwerk der Pointen das Stück "Pression" von Mauro Bigonzetti das taktisch wichtigste - gerade, weil es zunächst einmal ohne Witz und Pointen auskommt, sich in aller Deutlichkeit und Tiefe scheinbar nur der Ästhetik des Tanzes hingibt. Zum Geschrappe der Streichinstrumente (Musik: Hans Lachenmann) sind zwei Männerkörper auf geradezu unheilvolle Art miteinander verknotet, während sich später zu Franz Schubert zwei Tänzerinnen etwas freier, aber darum keineswegs gelöster bewegen können. Auch so etwas können wir, sagt Gauthier hier. Auch so etwas wollen wir. Und die Botschaft ist angekommen.
Zum Höhepunkt des Abends wurde aber die Gauthier-Uraufführung "Adrenalin", bei der die Zuschauer praktisch von der Seite an den Scheinwerfern vorbei auf eine Bühne schauen. Wir beobachten die Tänzer bei ihren Dehn- und Warmwerdeübungen hinter den Kulissen. Wir spüren, wie ihr Hormonspiegel langsam steigt, die Anspannung wächst. Und dann stürzen sie ins Licht und liefern eine furiose Folge an Schritten, Sprüngen, Figuren - atemlos vorangetrieben vom Percussionswirbel dreier Musiker (Musik: Francis Rainey). Den Tänzern treibt das den Schweiß kaum weniger auf die Stirn als den Zuschauern. Fix und alle liegen die Akteure zum Schluss am Bühnenrand - und erwachen erst wieder unter dem Jubel des Publikums zu neuem Leben. Alles auf eine Karte gesetzt. Und haushoch gewonnen.
Gauthier Dance, die Tanzsparte des Theaterhauses, ist auf dem Weg. Wer das künstlerische Potenzial diese Truppe nicht erkennen mag, der ... ach, was soll das große Wort, er sei mit Blindheit geschlagen. Er verpasst einfach was. Keep cool. Enjoy Gauthier Dance. Soviel Dancepop muss einfach sein in der Tanzstadt Stuttgart.
Tim Schleider, Stuttgarter Zeitung 5.7.2008

TÄNZER MIT TURBO
Im Stuttgarter Theaterhaus sieht Ballett einfach lockerer aus. Für Eric Gauthiers kleine Tanzkompanie kristallisiert sich mit ihrer zweiten Premiere ein witziger, abwechslungsreicher Stil heraus, der das ganze Spektrum zwischen brüllendem Gelächter und bizarrer Moderne abdeckt. Und der hier mit immerhin drei prominenten Choreografen aufwarten kann.

"High Five" heißt der neue Abend und meint damit die zum Einschlagen erhobene Hand - die coole Geste ist Programm. Nach dem "Six Pack" scheinen sich die Titel der Kompanie als Countdown zu gestalten, zu erwarten stehen also nächste Spielzeit die "Fab Four", Gauthiers Tänzer werden ohnehin schon wie Popstars umjubelt. Der kanadische Alleskönner ist als Choreograf ganz bestimmt kein Visionär oder Schritte-Erfinder, er erzählt nette kleine Geschichten und Comic-Strips, gern aus dem Alltag und mit viel Ironie, aber wesentlich kindlich-unschuldiger als die düsteren Intellektuellen des modernen Balletts. So zum Beispiel in "Eclipse", dem Kampfroboter-gegen-Sonnengott-Spektakel, das er hier vom Kammertheater-Abend des Stuttgarter Balletts im Mai übernommen hat. Der Gag mit den Robotergeräuschen verpufft immer noch zu schnell, hätte Gauthier doch mal ein Hip-Hop-Solo für den moonwalkenden Armando Braswell erfunden!

Für seine Uraufführung "Adrenalin" dreht Gauthier den Zuschauer in eine andere Perspektive - wir sitzen gewissermaßen auf der Seitenbühne und schauen aus den Kulissen zu, wie sich vier Tänzer in einer athletischen Turbo-Choreografie verausgaben, bevor sie keuchend von der Bühne rennen - und direkt vor unseren Augen zusammenbrechen. Die tolle Rhythmus-Partitur von Francis Rainey wurde vom Percussion-Ensemble Stuttgart live gespielt und trug ihren Teil zur enthusiastischen Zuschauerreaktion bei.

Das Tanzpublikum im Theaterhaus reagiert anders als im Staatstheater, hier wird gerne und schneller gelacht, weshalb man auf der Bühne natürlich dem Affen Zucker gibt. Alles wird ein bisschen mehr auf Effekt, ein bisschen lustiger und derber getanzt, so auch Hans van Manens Drei-Mann-Wuselorgie "Solo". Dabei gebietet Bachs Violinpartita doch eigentlich ein lächelndes Dahinhuschen in feinster Ironie. Ganz anders ist das in "The Sofa", einer herrlich komischen Szene des israelisch-niederländischen Choreografen Itzik Galili zu einem Tom-Waits-Song. Auf einem riesigen gelben Sofa baggert ein Typ ein Mädchen an, das sich trotz Kampfamazonen-Outfit kaum zu wehren weiß. Dann kippt das Sofa um, und plötzlich ist der Macker der Angemachte, weil eine männliche Drama-Queen in roter Samthose an ihm herumschraubt. Drei tolle Tänzerkomiker - Emilia Giudicelli, Eric Gauthier und William Moragas - sorgen für die zehn witzigsten Tanzminuten seit langer Zeit.

Einsamer künstlerischer Höhepunkt des Abends war "Pression" von Mauro Bigonzetti, ein vermeintlich inhomogenes, faszinierendes Quartett für zwei spinnenbeinige Mädchen und eine bizarre achtbeinige Skulptur aus zwei Männerkörpern. In seinem 1994 entstandenen Werk verwendet der italienische Choreograf Helmut Lachenmanns gleichnamige Komposition als Gebrauchsanweisung und reagiert auf jedes Geräusch, jedes Rauschen mit einer neuen Mutation des verschlungenen Objekts, das sich vom Kafkaschen Rieseninsekt zum Minotaurus wandelt. Dann staksen zu Ausschnitten aus Schuberts "Der Tod und das Mädchen" (aus Lied und Streichquartett) die beiden Frauen auf eleganter Spitze über die Bühne, belauern und spiegeln sich. Ein so ungewöhnliches wie spannendes Stück. Keine Frage, mit dieser raffinierten Mischung aus Anspruch und Unterhaltung, mit seiner sympathischen Kompanie und den zivilen Kartenpreisen von 20 Euro wird "High Five" der dritte dauerausverkaufte Tanzabend im Theaterhaus.
Angela Reinhardt, tanznetz.de, 5.7.2008

Ballet goes Pop? Warum nicht, und wir gehen gerne mit, wenn wir den Kopf nicht zu Hause lassen müssen. Doch erst einmal sind die Lachmuskeln gefragt, als Eric Gauthier seinen neuen Tanzabend "High Five" am Donnertag im Theaterhaus vorstellte.

"Raus aus dem Elfenbeinturm!", hat das kanadische Multitalent dem Ballett verordnet; Humor ist der Code, der die Tür zu allen Herzen öffnen solL Es ist ein Experiment auf höchster Überwachungsstufe: Die Szene will dabei sein und zeigt, .... wie dicht das rund ums Stuttgarter Ballett gewachsene Netzwerk ist.
Gauthier, lange ein Publikumsmagnet der Kompanie, hat bereits das Kunststück fertiggebracht, sich und dem Theaterhaus zu einer Resident Company zu verhelfen. Gelingen ihm weitere? Ja. Nachdem der Debütabend "Six Pack" zu voll gepackt war mit zu guten Absichten, macht es "High Five" fast allen recht.
An zwei, drei Dingen wird Gauthier bei seinem dritten Streich, "Fab Four" oder wie immer er heißen wird, trotzdem arbeiten müssen. Das eine: Als Choreograf denkt er zu simpel, das zeigt auch der Neuzugang des Abends, "Adrenalin". Der Kanadier platziert uns wie für eine Boulevardkomödie in den Kulissen, wir sehen, wie Scheinwerfer und die Höllenmaschinen für drei Perkussionisten aufgebaut werden, wie die Spannung vor dem Auftritt steigt, wie schwierige Parts in den Seitengassen geübt werden, um dann auf der Bühne doch schiefzugehen, vvie virtuose Sprünge den Tänzern den Atem rauben. Das alles, auch die AuItragskomposition von Francis Rainey, setzt auf Effekte, zeigt uns aber nicht mehr, als wir eh schon ahnten, bietet sportive Gesten statt Einblicke in Künstlerpsychen.
Überzeugt man junge Menschen, indem man ihren Kosmos 1:1 abbildet, indem man Tanz wie ein Computerspiel aus Kung-Fu und Sci-Fi mischt? Etwas Widerstand würde auch Gauthiers Weltraum-Comic "Eclipse" guttun. Nach der Uraufführung im Kammertheater hat er den intergalaktischen Kampf zwischen Sonnengott und Roboter-Eindringlingen gestrafft und um Spektakuläres für Armando Braswell ergänzt. Nicht mehr ganz so platt wirkt die Parodie nun auch, weil uns der Choreograf im kitschigsten Moment einfach ausblendet.
Nach diesem Auftakt sind alle so warm gekichert, dass es Mauro Bigonzettis "Pression" schwer hat. Womit wir beim nächsten Problem Gauthiers wären: U und E, Ulk und Ernst, gehen zu nahtlos ineinander über. Und so wirkt an diesem Abend sogar Hans van Manens "Solo", diese flotte Folge von Schritten für drei, nicht wie ein präzises Uhrwerk, sondern durch überflüssigen Klamauk grotesk verzerrt.
In "Pression" wird zum Glück schnell klar, dass dieses Stück nicht so heißt, weil sich ein Franzose darin ein Bier vom Fass bestellt. Es ist ein wunderbar einfaches, ernstes Ballett: Zwei Männer, zwei Frauen, zwei Musikstücke (von Lachenmann und Schubert) treffen aufeinander - und eröffnen Welten. Vervvobene, verzerrte Körper (die von Braswell und William Moragas), mit Akrobatik und Kampfkunst ringend, werden von zwei auf Spitze tanzenden (Anja Behrend und Marianne lllig) abgelöst. Welche Kräfte machen heute Druck auf den Körper? Ist seine Ästhetisierung adäquat?
Ganz zeitgemäße Fragen bündelt auch ltzik Galili in "Sofa": Ein toller Hecht (Gauthier) baggert in vollem Sprung ein Mädel (Emilia Giudicelli) an. Doch hinterm Möbel wandelt es sich in einen schwulen Macker (William Moragas) - und mit vertauschten Rollen geht dieses Anmachspiel, wie Tom Waits' Song "Nobody", in eine zweite, entlarvende Runde. So nachdenklich muss, so komisch darf Tanz sein. Auch wenn man ihm für den nächsten Abend mehr Mut zu Risiko und eigener Linie wünscht: Packende Stücke hat Tanzchef Gauthier für uns und sein sympathisches Team entdeckt - Stücke, von denen er auch als Choreograf lernen könnte.
Andrea Kachelriess, Stuttgarter Nachrichten 5.7.2008

Die fünf Chopreographien ergeben einen Cocktail: Ein High-Energy-Drink, der die Möglichkeiten des zeitgenössischen Tanzes ausreizt zwischen Sinnlichkeit und Bildersturm.
Heilbronner Stimme Claudia Ihlefeld 5.7.2008

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