GAUTHIER DANCE//DANCE COMPANY THEATERHAUS STUTTGART
PRESS CLIPPINGS
LIEBE IST NUR NOCH EIN FERNES IDEAL
Ist Liebe moralisch? Falls nicht: Ist es dann noch Liebe? Oder Begehren, Wille zur Macht? Darf sich Liebe unmoralischer Mittel bedienen? Um diese Fragen kreist Christian Spucks Tanzstück „Poppea“, mit dem Gauthier Dance, die Tanzkompanie des Theaterhauses Stuttgart, in Ingolstadt gastiert.
Die Antworten, in 70 Minuten dargeboten, sind so pessimistisch, wie das Bühnenbild düster ist – und in ihrer konsequenten Ästhetisierung ein Hochgenuss wie Claudio Monteverdis Oper „L’incoronazione di Poppea“ (Die Krönung der Poppea), die als Inspiration diente.
Poppaea Sabina, zweite Ehefrau des römischen Kaisers Nero, fasziniert wie ihr Gatte bis heute durch die zielstrebige Skrupellosigkeit: Um Kaiserin zu werden, ging sie buchstäblich über Leichen. Bei Monteverdi wird das zur Folie einer allegorischen Auseinandersetzung zwischen Tugend, Glück und Liebe, die selbst Gewalt, Leid und Tod in makellose Klänge gießt. Spuck erzählt nicht die Handlung der Oper nach, sondern umkreist in assoziativen Bildern die zentralen Figuren und Motive. Statt der Antike selbst spürt er Bezügen zwischen der Entstehungszeit der Oper und der Gegenwart nach. Entsprechend geht die Musik Monteverdis in einer Soundcollage (Martin Donner) auf, die sie teils akustisch verfremdet, mit bedrohlichen Industrial Sounds konterkariert und um Rocksongs ergänzt.
Während bei Monteverdi die Liebe den Sieg davonträgt, führt Spuck eine Hofgesellschaft vor, die vor lauter Eitelkeit und Selbstsucht zu solchen Gefühlen nicht mehr fähig zu sein scheint. Liebe ist nur noch ein fernes, kraftloses Ideal – wie jene blasse Blume, deren riesiges Schwarz-Weiß-Foto über der (bis auf zwei Tische) leeren schwarzen Bühne (auch Kostüme: Emma Ryott) prangt. Der Gegenpol: eine Projektionsleinwand, die per Live-Cam immer wieder die Akteure in Nahaufnahme zeigt. Eine Nähe, die keine ist, gemahnt sie doch an die Versessenheit auf Medienpräsenz, die Superstars wie Promis heute dazu bringt, sich bis in intimste Details schonungslos selbst zu „posten“.
Darunter tobt im kalten, schattenreichen Zwielicht (Reinhard Traub) eine neunköpfige Renaissance-Gang: Kostüm-Details wie Mieder, Wämser, Puffärmel, geraffte Röcke in Schwarz und dunklem Rot evozieren die Pracht eines italienischen Hofs, doch die Mechanismen von Macht und Intrige scheinen zeitlos. Wo jeder Fehltritt das Leben kosten kann, werden Virtuosität und Selbstbeherrschung zur Überlebensfrage. Entsprechend anspruchsvoll ist die Choreografie: Spucks zeitgenössisches Tanzidiom fußt sichtlich auf der klassischen Technik; mit nahezu athletischer Partnerarbeit, nuancierter Gestik und komplex-ornamentalen Formationen verlangt er seinen (allesamt hervorragenden) Tänzern ein Höchstmaß an Konzentration und Können ab – bei durchgängig sehr hohem Tempo. Nicht alles aber ist tänzerisch gelöst: Den von Nero angeordneten Selbstmord des Philosophen Seneca sehen wir als ergreifendes Video (Fabian Spuck) voller suggestiver Bilder von Blut und Ausweglosigkeit.
Nero selbst ist bei Gabriel Bucher ein fast grotesker Grunge-Kaiser, der sich in exaltiertem Fingerspiel gefällt und schon mal wüst herumbrüllt. Und Poppea? Garazi Perez Oloriz tanzt sie als berechnendes Energiebündel, die ihre athletischen Beine kokett in Pose stellt und den goldenen Lorbeerkranz weit mehr zu lieben scheint als Nero oder ihren „Ex“ Ottone (Armando Braswell) – den sie in ihren ausgiebigen Pas de deux keines Blickes würdigt. Noch-Kaiserin Ottavia (Anna Süheyla Harms) entledigt sich am Ende vor aller Augen ihrer roten Robe. Fast nackt steht sie da – ohne Rolle und Position plötzlich nur noch ein Mensch, schutzlos preisgegeben. Und Poppea hat gesiegt. Ein Sieg der Liebe? Vielfache Bravorufe und langer Applaus im leider nicht ausverkauften Haus bei der Premiere.
Katharina Tank, Donaukurier 11.2.2012
EINE SENSATION ZUM AUFTAKT
Für die Freunde zeitgenössischen Tanzes in Ingoldstadt beginnt eine neue Ära: Nach "Dance Short Cuts" im kleinen Haus und dem ersten Internationalen Tanzfestival im vergangenen Jahr, beides organisiert von einer Gruppe junger Kulturschaffender, will nun auch der Intendant dem Genre einen festen Platz im Stadttheater-Spielplan einräumen. "Das ist mir ein großes Anliegen, weg vom klassischen Ballett zu kommen und konsequent auch zeitgenössische Tanzästhetik zu zeigen", sagt Knut Weber.
So weit, so schlicht. Welchen Qualitätsanspruch er sich aber dabei setzt, lässt sich ab heute Abend im Großen Haus bestaunen. Dort ist für vier Vorstellungen die derzeit in Deutschland wohl führende Compagnie für zeitgenössischen Tanz, das Stuttgarter Ensemble Gauthier Dance zu Gast. Und das auch noch mit einer Inszenierung, die gerade mit dem Deutschen Theaterpreis "Der Faust" ausgezeichnet wurde. "Poppea/Poppea" heißt das gut einstündige Tanzstück, das der ebenfalls mehrfach preisgekrönte Choreograf und Regisseur Christian Spuck, designierter Direktor des Züricher Balletts, konzipierte. Hochkarätiger geht es zum Auftakt wohl kaum.
Und spannender vielleicht auch nicht. Denn " Poppea/Poppea", inspiriert von der 1642 uraufgeführten Monteverdi-Oper "L`ìncoronazione di Poppea" taucht als assoziatives Handlungsballett ein in die skrupellose Welt einer wilden, amoralischen Liebe. "Es geht um Kaiser Nero, der sich in Poppea verliebt", erzählt Eric Gauthier, Shooting-Star der Tanzszene und Leiter der von ihm gegründeten Gauthier Dance Compagnie. "Damit diese Liebe gewinnen kann, müssen viele weg." Mord und Totschlag, Liebe und Intrige, angesiedelt im alten Rom, gibt es also als Plot. Und Opernmusik von Monteverdi dazu. Eine Barockschmotzette als modernes Tanztheater? Gauthier lacht. "Ja, es gibt originale Musik. Aber Christian Spuck hat mit einem Komponisten zusammengearbeitet, der diese Musik auch immer wieder mit Beats unterlegt und ganz moderne Klänge schafft. Das ist richtig cool geworden, was ganz Besonderes", sagt der aus Toronto stammende Choreograf und Tänzer, der im Zweitberuf auch Musiker ist und eine Band namens Royal Tease leitet.
Eine ähnlich komplexe Mischung ist auch die Choreografie selbst, in der es Sprechtexte gibt und Videoeinspielungen und wohl eine tanztheatrale Ausrichtung, auch wenn Gauthiers zehnköpfige Compagnie definitiv kein Tanztheaterensemble ist. "Aber dieses Stück könnte auch von einem großen Ballett getanzt werden", sagt Gauthier, " es kann einfach alles." Stolz sei er, sagt er, auf die Produktion und erst recht auf den im November verliehenen "Faust".
Und ein wenig traurig ist er auch. Denn Gauthier, auch gefeierter Tänzer im eigenen Ensemble, wird in Ingolstadt die zentrale Rolle des Nero nicht tanzen können – ein eingeklemmter Nerv hat ihn für mehrere Wochen außer Gefecht gesetzt. Nun springt der Franzose Gabriel Bucher, seit 2003 Mitglied in Marcia Haydees Ballett de Santiago de Chile für ihn ein. " Das ist schade für mich!" Ingolstadt wird Gauthier trotzdem in Aktion erleben. "Wir kommen nächstes Jahr mit einem anderen Stück wieder", verrät er. Intendant Weber meint es ernst mit dem zeitgenössischen Tanz.
Karin Derstroff, Donaukurier 9.2. 2012
POPPEA IN INGOLSTADT
Es ist DIE Compagnie für zeitgenössischen Tanz in Deutschland: Gauthier Dance – das Tanzensemble des Theaterhauses Stuttgart unter der Leitung des Choreografen und Tänzers Eric Gauthier. Und er ist DER Spezialist für theatrale Tanzinszenierungen: der bisher ebenso in Stuttgart wirkende Choreograf Christian Spuk. Die einen erhielten kürzlich den Deutschen Theaterpreis "Zukunft", der andere wird demnächst Direktor des Züricher Balletts, mit einer gemeinsamen Arbeit kommen sie jetzt nach Ingoldstadt. Natürlich ist auch "Poppea/Poppea" preisgekrönt: Im November erhielt die getanzte Geschichte um die rücksichtslose Liebe zwischen Kaiser Nero und Poppea nach der Oper von Monteverdi den wichtigsten Deutschen Theaterpreis, den Faust, von Dance Europe wurde die Inszenierung zu den zehn besten Produktionen weltweit gewählt. Hingehen!
Donaukurier, 9.2. 2012
KRAFTVOLLER BLICK AUF MACHT UND LIEBE
Ein fantastischer Abend, der eine moderne Ballettmontage mit verschiedenen Sichtweisen auf das Spiel um Macht, Liebe und Versuchung liefert. Das Publikum im voll besetzten Grand Théâtre in Luxemburg feiert die Produktion von Christian Spuck und Gauthier Dance mit minutenlangem Applaus.
Hannah Schmitt, Trierischer Volksfreund 22.5.2011
EISKALTE RÄNKESPIELE
Claudia Monteverdis düstere Barockoper Poppea stand Pate für das ungewöhnliche, atemberaubende Tanzstück von Christian Spuck, der die eiskalten Ränkespiele der machtbesessenen Poppea und ihres Geliebten Kaiser Nero multimedial auf die Bühne bringt. Ein echtes Nachtstück, das die tiefsten seelischen Abgründe mit herrlicher Präzision ausleuchtet und das Publikum von der ersten bis zur letzten Sekunde begeisterte.
Poppea//Poppea ist mehr als ein ausgezeichnet getanztes, intelligent konzipiertes und phantastisch instrumentiertes und arrangiertes Stück. Es ist einfach ein Glücksfall.
Birgitt Scheuermann, Rheinpfalz 19.5.2011
AMORALISCHE LIEBE IN ROM
Gauthier Dance, die Company des Stuttgarter Theaterhauses entafchte im Ludwigshafener Pfalzbau, Begeisterungsstürme. Mit Tanztheater vom Feinsten: In Körper- und Bewegungssprache spannend erzählt, ohne Handlungsballett zu sein; aber ein Psychogramm von sechs Personen, denen es um Macht und nochmals und Macht geht - natürlich auch um Liebe.
Choreograf Christian Spuck, dem in den 80 pausenlosen Minuten eindrucksvolle Bilder gelingen, fokussiert in seiner Adaption der Monteverdi-Oper "L'incoronazione di Poppea" auf die amoralische Liebe Neros zu Poppea. Doch dem Zuschauer eröffnet sich in einer beeindruckenden Musikzusammenstellung (Martin Donner) aus Monteverdi-Zitaten, Percussions-dominierten Klangcollagen und Pop-Rock vorrangig der Blick auf eine machtlüsterne Frau, der Liebe nur Mittel zum Zweck ist. Die exzellente Garazi Perez Oloriz zeigt das schon früh in den begehrlichen Blicken auf Neros goldenen Lorbeerkranz. Ihre wunderbaren Pas de Deux mit dem Kaiser wirken unterkühlt, gleichwohl dominiert sie alle Männer.
Mannheimer Morgen 19.5.2011
GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN
Ich weiß nicht, was es über die Liebe zu sagen gäbe, denn man kann alles und nichts sagen“ sagt eine junge Tänzerin auf dem Boden liegend in ein Mikrofon. Der Choreograph Christian Spuck weiß mit seinem Tanzabend „Poppea/ Poppea“ viel über die Liebe zu er- zählen. Ihn interessiert nicht die plüschig, sentimentale Seite der Liebe, sondern das schwarze Loch der Leidenschaft. Die Gauthier Dance Company aus Stuttgart be- eindruckte mit ihrem Gastspiel im Teo Otto Theater. Eine sperrige Äs- thetik und eine epische verfremde- te Erzählweise überzeugten in ihrer Konsequenz.
Christian Peiseler, Bergische Morgenpost 13.5.2011
POPPEA - EIN GETANZTES GESAMTKUNSTWERK
Die am Theater Stuttgart angesiedelte Gauthier Dance Company zeigte sich einmal mehr in Bestform: Großartige, ausdrucksstarke junge Tänzerinnen und Tänzer, die mit Esprit und Eleganz spielerisch leicht das neo-klassische Tanzvokabular beherrschen, aber auch ihre je eigene Persönlichkeit einbringen.
Immer wieder wird für Sekunden die Bewegung auf der Bühne wie ein Film angehalten und es entstehen berückend schöne Tableaux', die in ihrer dramatischen Lichtstimmung die Hell-Dunkel-Malerei barocker Meister zitieren (Lichtdesign Reinhard Traub). Atemberaubend, wie es Spuck gelingt, all die verschiedenen Versatzstücke und Ebenen nicht nur zusammenzucollagieren, sondern zu einer neuen, ganz und gar zeitgemäßen Form zu verschmelzen. Völlig zu Recht wurde das Gesamtkunstwerk von dem kleinen, aber begeisterungsfähigen Publikum im Teo Otto Theater minutenlang bejubelt.
Anne-Kathrin Reif, Remscheider Generalanzeiger 13.5.2011
DIE VIELSEITIGE ALLESKÖNNERIN
Das Ensemble agiert mit bestechender Präzision, intensivem Ausdruck und einer Leichtigkeit, als hätten Körper kein Gewicht. Ironische Akzente in die dunkle Handlung setzen die Erzählerin, die immer wieder ansetzt, das verworrene Geschehen zu sortieren, und ein clownesker Nero, getanzt von Eric Gauthier. Man mag ihn belachen – doch er hat die Macht. Ein Fingerzeig Poppeas, und er Philosoph Seneca sinkt zu Boden. Was am Ende siegt, ist keine romantische Liebe, es sind Menschen, die sich nehmen, was sie wollen.
Das mitunter verwirrend vielschichtige Geschehen findet im Tanz seinen großartigen Ausdruck und einen Rhythmus, der einen im Atem hält. Aus dem Ensemble, das sich immer wieder in bestechenden Großbildern findet, lösen sich Einzelne, erzählen tanzend ihren Teil, doch stets bleibt die Compagnie als Ganzes der Star. Videobilder vergrößern, doppeln, ergänzen das Bühnengeschehen, das irritiert gelegentlich und lenkt ab, erlaubt aber auch einen Blick auf sonst ferne Gesichter. Eine effektvolle Farb- und Lichtregie unterstreicht den düster-fatalen Grundton – mitunter leuchtet nur die Haut der Tänzerinnen und Tänzer aus einem Meer von Grauschattierungen. Als Farbakzent leuchtet hier und da ein starkes Rot, die Farbe der Liebe und des Blutes. Am Ende schließt sich der Bogen, dies Spiel endet nie. Es gibt eben doch eine Menge zu sagen über die Liebe. Das Publikum ist hingerissen, der Beifall will kaum enden.
Sabine Ehrentreich, Badische Zeitung, 22.1.2011
EIN WÜSTER TODESREIGEN UM LIEBE UND MACHT
Im virtuosen Licht von Reinhard Traub entfesselt das Ensemble auf der karg möblierten, schwarz ausgeschlagenen Bühne und mit dunklem Kostümandeutungen 90 kurze Minuten lang einen mitreißenden Strudel menschlicher Leidenschaften. Einzelne Solisten dieses beklemmend intensiven, brilliant ausgeführten und perfekt austarierten Abends hervorzuheben, würde die fabelhafte, wunderbar geschlossene Gesamtleistung der Compagnie mindern. Das Publikum des großartigen Abends feierte die Gäste mit frenetischem Jubel für eine einzigartige Aufführung, mir der das gastgebende Tollhaus einen großartigen, hoffentlich folgenreichen Glücksgriff gemacht hat.
Rüdiger Krohn, Badische Neueste Nachrichten Karlsruhe 13.12.2010
BILDER IN REMBRANDT-FARBEN
Poppea//Poppea erzält auf zwei Ebenen. Einerseits tanzt die Compagnie die Geschichte, andererseits hebt jedes Ensemblemitglied das Stück aus der Vergangenheit in die Gegenwart. Die Gruppe setzt dieses Gedankenspiel in fesselnden Tanz um - auch Dank der Lichtregie und der Kostüme, die Bilder von Rembrandtt'scher Würde vermitteln.
Ingeborg Schwenke-Runkel, Leverkusener Anzeiger 13.12.2010
POPPEA//POPPEA
Eineinviertel Stunden fulminanter Tanz.
Spuck gelingt es, theatralische und tänzerische Elemente in der Waage zu halten. Die herausragenden tänzerischen Momente sind einmal Gruppensequenzen, in denen Spuck einen gespenstischen Furor entfacht, untermalt von pulsierender Musik, und Duetten, in denen er durch klare Bewegungsgebung Liebe und Hass verhandelt.
Klaus Kieser, tanz Oktober 20110
POPPEA//POPPEA
Poppea//Poppea races, swells and ebbs, and it carries you, until depositing you on the edge of your seat, touched and disgusted by human nature. Much like a Quentin Tarentino film, it just has style, and like his films the ballet was impeccably well made. It was well rehearsed, well lit, well danced, well conceived, and well, again, ... fantastic. Eric Gauthier has a talent for collaboration, and with Spuck they have created in Poppea//Poppea a tremendous success.
Dwayne Holliday, Dance Europe, Aug/Sept 2010
POPPEA//POPPEA
Love? A difficult subject. A lot of breath has been wasted on it, says a dancer in stilted phrases in the ballet premiere «Poppea//Poppea». Words are a rare commodity in the rapturously received premiere at Stuttgart’s Theaterhaus on Thursday.
But still, a lot is said: the independent company Gauthier Dance tells the story of the fatal yet sentimental liaison between Roman Emperor Nero and his lover Poppea with virtuoso movement vocabulary. Much blood flows before she can become Empress. Choreographer Christian Spuck, designated director of the Zurich Ballet as of 2012, succeeds with his furious ballet version of the Monteverdi opera “L’incoronazione di Poppea”. A huge picture of a camellia dominates the stage – in literature and art the flower often symbolizes death. The superb ensemble – in which Giuseppe Spota as the rejected husband of Poppea (Garazi Perez Oloriz) stands out -- is clad in baroque costumes complete with ruffs and padded shoulders. Christian Spuck crafts his very own intense body language that switches smoothly from supple movements to angular mechanics. 33-year-old company director Gauthier fervently dances the role of Emperor Nero, who kills his wife Ottavia to free the path for Poppea on the throne. The 650-strong audience responded with persistent rounds of bravos.
dpa, DIE ZEIT, 2.7.2010
POPPEA//POPPEA
Despite baroque music and a plot set in Roman antiquity, Christian Spuck’s narrative is a contemporary story. This goes for the fragmented narrative structure as well as the protagonists of the piece. Spuck’s style alone, rooted in ballet, is not suited in itself to represent characters purely on the basis of dance – rather, the choreographer does characterisation by setting an entire scene, where he, as always, has exciting ideas especially for ensemble work. However, the performative presence and technical brilliance of the nine Gauthier dancers, with whom the resident choreographer of the Stuttgart Ballet has developed the piece, add a contemporary dance style that is indeed expressed directly via body language.
Claudia Gass, Stuttgarter Zeitung 3.7.2010
POPPEA//POPPEA
For those who now encounter the world of Christian Spuck by chance via Gauthier Dance, “Poppea//Poppea” will be a baffling, hugely inspiring theatrical experience. Dancers dressed in baroque costumes, yet moving in a contemporary style? Monteverdi’s music (and that of others, such as pop star Emiliana Torrini) sounding modern and exciting like a crime novel, thanks to the tinkering and adaptations by composer Martin Donner? The ancient plot around Nero’s lover containing an analysis that makes us think about the manipulation of our perceptions and emotions? Christian Spuck manages to put a square peg into a round hole: inspired by Monteverdi’s last opera, he runs the dream machine at full speed, but throws sand in the wheels at the most precious moments. Beauty, such as love, is fleeting. This is also symbolised by the picture of a flower at the backdrop of “Poppea//Poppea”. And: Nothing is as it seems. Even the quirky spelling of the title says that
Andrea Kachelrieß, Stuttgarter Nachrichten 3.7.2010
POPPEA//POPPEA
At times, “Poppea//Poppea” (Spuck’s title) gives an overly produced impression. But this is about the worst criticism you could possibly make. The piece runs smoothly, and often does more than that. Gauthier Dance will make more friends with this work.
Sylvia Staude, Frankfurter Rundschau 3.7.2010
POPPEA//POPPEA
The plot follows the opera libretto to Monteverdi’s „L’Incoronazione di Poppea“ erratically but purposefully. In the opera Nero’s aspiring and unscrupulous lover Poppea gets rid of each enemy one by one, until she finally marries the Roman Emperor, who is obsessively infatuated with her. Garazi Perez Oloriz performs this Poppea as man-eating whore full of lust for power – petite, cunning and of such an enigmatic aura that we soon share the fascination of the Roman despot for her. Eric Gauthier, initially wandering aimlessly and rather innocuously across the stage with his golden laurel wreath, works his Nero into an exciting grotesque: with daintily gesticulating fingers he writhes precariously along the edge of reason, shouting down everything in his way. A great dancer and performer is hidden behind the hilarious entertainer Gauthier.
Angela Reinhard, tanznetz.de
POPPEA//POPPEA
Spuck may well be the most unfathomable soul searcher amongst the younger choreographers, and he colours everything darkly. In “Poppea//Poppea” he finds enchanting, yet disturbing images from a darkroom with very few rays of hope. The music is a mishmash of adapted Monteverdi snippets from the mixing desk, the dreamy motif from Schumann’s op. 82 and others. At times it sounds like a disruptive action, the vinyl of a record dissolving in the general heat. This, too, is a calculated nightmare – but a thoroughly successful one, just like the entire piece.
Wilhelm Triebold, Südwest Presse 3.7.2010
POPPEA//POPPEA
There are great solos, touching duets and ensemble scenes, all performed with virtuosity. Christian Spuck uses very original movement material, which can be elegant, but also rapid, angular and exhausting. Musician Martin Donner calls upon Monteverdi’s music for his own compositions and sound collages, scratching and complementing it with his own, often metallic and hard percussive elements. Add to this songs by Emiliana Torrini and Cat Power – a collage that Spuck wonderfully translates into movement.
Bernhard Hartmann, Bonner Generalanzeiger 3.7.2010
VERFÜHRUNG AUF MEHREREN EBENEN
Tische, Stühle, eine Videokamera – mehr Requisiten benötigt Christian Spuck, der designierte Zürcher Ballett-Direktor und Noch-Hauschoreograph des Stuttgart Balletts, nicht für seinen pausenlosen 80-Minuten-Gang durch die berühmt berüchtigten und über Leichen gehenden Liebeseskapaden des römischen Kaisers Nero. Claudio Monteverdi hat diesem Stoff in seiner letzten Oper ein Denkmal und einen frühen musikalischen Höhepunkt des damals noch jungen Musiktheaters geschaffen. Diese bildet zwar die Grundlage Und Inspiration, jedoch nur zu geringen Teilen (Prolog, Schlußduett) im Original, hauptsächlich zur elektronischen Verarbeitung, zum Sampeln von Monteverdi-Zitaten, die Martin Donner teils in Pop-, teils in Klassik-Manier komponiert hat. Was allerdings eine etwas zerrissene dramaturgische Form zur Folge hat, vor allem auch dann, wenn die Musik immer mal wieder mitten in einer Phrase absäuft. Doch solche Erscheinungen gehören zu Spucks mehrere Medien einbeziehender Arbeitsweise, wobei ihm Dramaturgin Dunja Funke hilfreich assistierte. Für Orientierung sorgen hier vor allem die historisch angemessenen Renaissance-Kostüme (ebenso wie Bühne: Emma Ryott ) und die erläuternden Worte einer eingefügten Erzählerin, die sich dazwischen auch unter das Tanzensemble mischt und somit das Wechselspiel aus Realität und Theaterspiel unterstreicht. Marianne Illig gelingt diese Führung mit bezauberndem französischem Akzent und gelegentlich leicht ironisierendem Tonfall. Die Geschichte konzentriert sich ganz auf die sechs Hauptpersonen und ihre Verstrickung in die zerstörerische Macht der Liebe, ausgehend von Poppeas Reizen und ihrer Gier nach der Krone, die wie ein magisches Symbol auf einem der Tische liegt.
Mit der Video-Kamera werden Nahaufnahmen der Gesichter auf einen im Vordergrund hängenden Schirm projiziert, was einerseits die personellen Emotionen und Reaktionen noch verdichtend an uns heranrückt, andererseits in ihrer Gleichzeitigkeit mit dem gesamtheitlichen Geschehen aber auch für eine erschwerte Erfassung des Ganzen sorgt. Die Lust am Spiel mit mehreren Blickwinkeln ist deutlich zu spüren, doch im gesamten gelingt Spuck die Verquickung der Darstellungsmittel hier nicht so virtuos wie in seiner bislang unerreicht gebliebenen „Lulu“. Seine markant erscheinenden Bewegungsformen erinnern nicht nur da, auch in seinem übrigen Oeuvre an abstrakten Arbeiten, unweigerlich immer wieder an diesen größten Erfolg. Der sportliche Drive des klassisch initiierten Schrittmaterials, die über große Spannen im Fluss gehaltene Aktion der Tänzer, die noch erweiterte Variation an Hebungen der Damen zur Stärkung der Interaktion halten diese 80 Minuten in einer ausgewogenen Balance zwischen intellektuellem Anstrich und unterhaltender Funktion. Und sie sind ein Geschenk an Eric Gauthier, den ehemaligen Kollegen vom Stuttgarter Ballett, und seine kleine Kompanie an ausgesucht individuellen Persönlichkeiten, die hier mehr als im fast kompletten bisherigen Repertoire ihr Potential ausschöpfen können und diese Produktion trotz aller Einschränkungen nicht nur zu einem Tanz-, sondern auch zu einem schauspielerischen Erlebnis machen.
Für Gauthier selbst hat Spuck den Nero choreographiert und dem meist von treffsicherer Komik geprägten Künstler eine Charakterrolle geschaffen, deren Verbindung aus Ernsthaftigkeit und eher zynisch durchbrechendem Humor den Publikumsliebling in ein verdient anders wahrgenommenes Bewusstsein rücken. So lernten diejenigen, die ihn vom Stuttgarter Ballett her noch nicht kannten, ihn auch mal von einer anderen, letztlich sein breites Können unterstreichenden Seite kennen.
Garazi Peréz-Oloriz stand als Berechnung und Unschuld differenziert zum Ausdruck bringende Poppea im Mittelpunkt des Geschehens, ihre geschmeidig wandlungsvolle Körpersprache bewirkte bei allen Beteiligten einen unwiderstehlichen Sog aus Faszination und Mordlust. Letztere manifestiert sich in einem spannend aufgebauten Tableau, wo sich das ganze Ensemble mit einem Pfeil auf sie stürzt und in einem von Schreien und Schrecken gezeichneten Moment zum Standbild verharrt.
Die Königin Ottavia wird von Isabelle Pollet-Villard mit nicht minder starken Zügen zur gleichwertigen Gegenspielerin. Eine Aura der Verletzlichkeit, des stillen Leidens und einer gleichzeitig spürbaren inneren wehrhaften Stärke liegt über ihren Einsätzen.
Handlungsgemäss die vierte Hauptrolle, rückt Giuseppe Spota den zuletzt in die Verbannung geschickten Ottone mit seinem bemerkenswerten Charisma aus Charaktertragik und Sympathie in den Mittelpunkt und erhält dafür die größten Ovationen des Abends. Den auf Recht und Tugend beharrenden und dafür schließlich zum Selbstmord getriebenen Philosophen Seneca zeichnet William Moragas mit aufrechter Größe und geordneter klarer Linie. Selbst die um Ottone kämpfende Drusilla, in deren Kleidern er versucht Poppea zu ermorden, erhält in der zurückhaltenden, aber dennoch entscheidende Nuancen setzenden Gestaltung durch Maria Deller-Takemura keineswegs verblassende Bühnenwirksamkeit.
Auch die weiteren Tänzer des Ensembles, Armando Braswell und Björn Helget kommen in ihren wechselnd auffüllenden Parts als Individuen zur Geltung.
Die insgesamt eine wichtige choreographische Bereicherung darstellende Produktion geriet zum anhaltend stürmisch bejubelten Erfolg. Mit hoffentlich vielen Reprisen….
Udo Klebes, Der Neue Merker 5.7.2010