GAUTHIER DANCE//DANCE COMPANY THEATERHAUS STUTTGART
PRESSESTIMMEN
VOM TANZ DER AUCH DAS PUBLIKUM BEGEISTERT
Selten ist die Zeit bis zur Pause so kurz gewesen, wie an diesem Abend im ausverkauften Leverkusener Forum. Bereits zum fünften Mal ist Gauthier Dance, die Dance Company am Theaterhaus Stuttgart, zu Gast. Und das Publikum besteht gefühlt zu vier Fünfteln aus Gästen, die schon die ersten vier Aufführungen gesehen haben. Eric Gauthier gründete Gauthier Dance vor sieben Jahren mit dem Anspruch, neue Publika durch Zuschauernähe und Senkung der Schwellenangst vor Kunstgenuss zu erreichen. Das ist dem Tänzer, Choreografen und Musiker über alle Maßen gelungen. Heute stellt er in Leverkusen das abendfüllende Programm Future 6 vor.
... Das Publikum dieses Abends ist überraschenderweise im Durchschnitt doch eher dem fortgeschrittenen Alter zuzurechnen. Für Leverkusen ist das ungewöhnlich. Das hindert aber niemanden, am Ende des Programms aufzuspringen und seine Begeisterung mit Johlen zu verkünden. Wie traurig, dass die zehn Tänzerinnen und Tänzer um Eric Gauthier ihren Fans so schnell zum Abschied zuwinken. Mit Future 6 hat die Compagnie ein Programm vorgestellt, das eindeutig zum Besten gehört, was man im ersten Quartal dieses Jahres sehen konnte. Da hat Leverkusen – mal wieder – ein feines Näschen für die wirklich guten Dinge gezeigt.
Michael S. Zerban, Opernnetz 26.3.2014
KLEINE, HUMORVOLLE MACHTKÄMPFE
Und dass vier der Choreographen eigens neue Stücke für das Ensemble kreiert haben, spricht für den guten Ruf, den Gauthier Dance mittlerweile in der Tanzwelt genießt. Ob Marco Goecke, Itzik Galili, Cayetano Soto oder Jirí Bubenícek, sie loben – zu Recht die künstlerische Flexibilität, Kreativität und Persönlichkeit der Tänzerinnen und Tänzer.
So ist es schon vom Tänzerischen her betrachtet wieder ein vielseitiges und expressives Programm auf hohem technischem Niveau, mit dem Gauthier Dance aufwartet.
Vielgestaltig und spannend bezüglich der Stile und Thematiken sind auch die sechs Choreografien. Es beginnt mit leisen Tönen, aber ebenso mit Dynamik und lakonischem Witz in Jirí Bubeníceks „Burning Bridges“. Zu Musik von unter anderem Arvo Pärt und Bach lässt der auch als Choreograf begabte Startänzer (ehemals Hamburger, jetzt Dresdener Ballett) das Tanzpaar Anna Süheyla Harms und Sebastian Kolborg über das Scheitern und Gelingen einer Liebesbeziehung sinnieren, akkompagniert von David Stiven Valencia Martinez und Tars Vandebeek, die das Ganze schon auch mal verbal von hohen Stühlen aus kommentieren. Die Facetten und Fallstricke der Liebe manifestieren sich sehr schön in den mal schlaksigen, mal mechanischen oder ruppigen, dann wieder wie um Balance ringenden und schließlich harmonisch-fließenden Bewegungen.
Anneleen Dedroog als Frau, die weiß, was sie will, und Sebastian Kloborg als schüchterner Intellektueller liefern sich in „Cherry Pink and Apple Blossom White“ zu einem Mambosong einen augenzwinkernd-humorvollen kleinen Machtkampf, wer in diesem peppigen und charmanten Duett von Itzik Galili die Oberhand behält.
Musikalisch geht es mit kubanischen Rhythmen weiter bei Cayetano Sotos „Malasangre“, was auf Deutsch böses Blut bedeutet. Soto, der auch bereits für das Stuttgarter Ballett gearbeitet hat, hat sich zu diesem Stück für drei Tänzerinnen und vier Tänzer von der Musik und dem Leben der Sängerin La Lupe inspirieren lassen, die für ihren exzentrischen und tyrannischen Charakter berüchtigt war. Das spiegelt sich wider in eckigen, einzelne Körperteile polyzentrisch isolierenden Bewegungen und krakenartig gekrümmten Fingern. Dann wieder wechselt die Bewegungsextreme auslotende Choreografie in schnelle, den Schwung und die Erotik der Musik aufgreifende Passagen. „Malasangre“ hinterlässt als eines der stärksten Stücke des Programms nachhaltigen Eindruck.
Gauthiers neue Kreation für zehn Damen und Herren seines Ensembles „Takuto“ ( japanisch für Takt) macht vor allem durch die von den Tänzern – erstaunlich versiert – live auf der Bühne geschlagenen Trommeln viel her.
Marco Goecke hat ein Solo für Gauthier entwickelt, den er aus gemeinsamen Jahren beim Stuttgarter Ballett kennt, mit dem er jedoch erstmals zusammenarbeitet. „I Found a Fox“ zu einem Song von Kate Bush weist Goeckes typische, zwischen Ballettpose und zeitgenössischen Verbiegungen changierende Tanzsprache auf, hat aber anders als seine oftmals dunklen Kreationen einen leichten, fast fröhlichen Duktus voll flirrender Energie. Was ausgesprochen gut zu Gauthiers Persönlichkeit passt.
Die gegen den Strich gebürstete Sicht von Stephan Thoss auf den „Bolero“, als einziges Stück des Programms keine Uraufführung, beschließt humorvoll den insgesamt gelungenen und passgenau auf Gauthier Dance zugeschnittenen Abend. Als Bewohnerinnen eines Altenheims führen hier sechs Tänzerinnen mit komödiantischer Theatralik vor, dass die soghaften Rhythmen selbst müden alten Knochen Lebenslust einhauchen können.
Stuttgarter Zeitung, Claudia Gass 14.1.2013
DER EIGENE WEG IST DAS ZIEL
Im sechsten Jahr ist Eric Gauthier mit seiner Tanzkompanie dort angekommen, wo er von Beginn an hin wollte. Dass der Aufbruch zu Neuem, den der Abend „Future 6“ nun mit fünf Uraufführungen wagt, ein bisschen Zeit brauchte, liegt vor allem am Geld. Denn neben den Choreografen will auch eine solide Tänzerzahl finanziert sein, mit der sich ein halbes Dutzend neuer Stücke gleichzeitig erarbeiten lässt.
Der Abend überzeugt, weil die beteiligten Choreografen die Größe haben zu wissen, dass für sie nur der eigene Weg das Ziel sein kann. Bei aller Unterschiedlichkeit passen die sechs Stücke bestens zum Charakter von Gauthier Dance. Sie setzen – erzählfreudig, schräg, voller Effekte und Emotionen – auf die Stärken von Gauthiers Tänzern. Im besten Fall zeigen sie, wie es Cayetano Soto in seiner La Lupe Hommage und Marco Goecke in seinem Solo für Eric Gauthier tun, dass jeder, der zur Zukunft vordringen will, erstmal einen Abgrund überwinden muss.
Und so verblüfft nach zweieinhalb Stunden am meisten Leistung, Einsatz und Niveau der Tänzer, manche erst vor kurzem eingesprungen, viele davon neu auf der Bühne von Gauthier Dance. Der Däne Sebastian Kloborg allen voran. Er tanzt in jedem der vier ersten Stücke tanzt – und das mit einer Präsenz, die er auch einer als Solist des königlich dänischen Balletts gesammelten RepertoireErfahrung verdankt. Allein um ihn kennen zu lernen, lohnt der Weg.
Auch das verblüfft: das Aufeinandertreffen von Goecke und Gauthier, „I Found a Fox“ heißt das Resultat. Während ihrer gemeinsamen Zeit beim Stuttgarter Ballett kamen sie nie zusammen; zu dominant, so Marco Goecke, sei ihm die Tänzerpersönlichkeit Eric Gauthiers gewesen. Zum souveränen Künstler gereift, beweist Goecke nun die Stärke, sich von den Stärken anderer inspirieren lassen – und öffnet für Gauthier sogar das Virtuositätenkistchen, in das er ungern greift. Weicher, weniger spröde, zeigt dieses Solo nicht nur den elektrisierend geführten Kampf gegen einen widerspenstigen, in zuckende Teile zerlegten Körper, wie man das von Goeckes Balletten kennt, sondern auch einen Sieger. Goecke weiß, dass bei Gauthier Dance Ballett und Pop zusammenkommen; und so gelingt ihm zu einem Song von Kate Bush eine schöne, aller Schwermut trotzende Leichtigkeit.
Was ihm als Tänzer glückt, schafft Eric Gauthier als Choreograf leider nicht. Weniger wäre bei seinem groß besetzten Trommel-Stück „Takuto“ in jeder Hinsicht mehr.
Stephan Thoss versammelt in seinem Bolero sechs betagte Damen. Während Max Raabe von damals singt, bringt jede Tänzerin in aller Ruhe ein Paar Puschen und einen anderen Tick ins Spiel – bis eine Ravel auflegt. Wie diesen Verknöcherten plötzlich die Sehnsucht nach einem Leben, das sie vielleicht nie geführt haben, unter die Kostümkaros fährt, lässt jedes Lachen im Hals ersticken.
Mit „Sofa“ hat Gauthier Dance bereits einen komischen Tanzhit von Itzik Galili im Repertoire, nun hat Eric Gauthier ein neues GalaStück bei dem in Holland lebenden Is raeli bestellt – und mit „Cherry Pink and Apple Blossom White“ auch bekommen. Effektvoll inszeniert Galili auf leerer Bühne ein Paar, das sich am Feierabend trifft. Er kommt, Brille auf der Nase, das innere Strammstehen noch in der Haltung, direkt vom Büro, sie ist schon in Feierlaune. Lateinamerikanische Klänge heizen Anneleen Dedroog und Sebastian Kloborg ein, getanzte Missverständnisse führen zu fast akrobatischer, höchst virtuos getimter Körperkunst. Ein Stück, das wie Galilis für das Stuttgarter Ballett entstandene Duett „Monolisa“ Höhepunkt an Höhepunkt reiht und dem man trotz seines komplizierten Titels bestimmt häufig begegnen wird.
Bewegungen, mit animalischer Wucht ins Groteske verzerrt
Wie Marco Goecke bekennen sich auch Jirí Bubenícek und Cayetano Soto zu ihrer Herkunft aus dem Ballett. Auch sie stellen, statt klare Linienführung zu überhöhen, den Kanon des Schönen in Frage. Aber nicht deshalb heißt Jirí Bubeníceks Quartett „Burning Bridges“. Dem Choreografen geht es um die Belastbarkeit einer Beziehung: Abbrechen? Reparieren? Ein hoher Tisch, auf dem sich die schöne Anna Süheyla Harms räkelt, wird mit gebrochenem Bein zum simplen Symbol – ansonsten ist nichts einfach an diesem Ballett, das Körper mit ausholenden Gesten verwindet, zwei Amoren von hohen Stühlen herab orakeln lässt, das dramaturgisch wie musikalisch zu komplex gedacht ist. Doch Bubeníceks Tanzmotive sind so stark, dass ihnen diese Überforderung nichts anhaben kann.
Extravagant ist Cayetano Sotos Annäherung an die kubanische Soul-Diva La Lupe, die in den 1960er Jahren erst groß herauskam, und dann an den Erwartungen des Publikums scheiterte. Rosen regnen nicht herab, sondern liegen als schwarzes Blütenmeer am Boden, von sieben Tänzern für „Malasangre“ immer wieder in Aufruhr gebracht. In Aufruhr ist auch die Stimme der Sängerin, sind die Bewegungen, die Soto mit animalischer Wucht ins Groteske verzerrt. Exzentrisch, oft nah am Boden agieren die Tänzer. Jeder darf Diva sein, jede Begegnung scheint sie nur am Rand einer Einsamkeit zu berühren. Sie tun das so anrührend, dass „Malasangre“ mitten ins Herz trifft.
Mit Christian Spucks vielfach ausgezeichnetem Abend- und Saalfüller „Poppea/ /Poppea“ und mit „Lucky Seven“ hatte Eric Gauthier seine Kompanie auch international zum Hingucker gemacht. Jetzt kann die Kompanie mit „Future 6“ losziehen und ihre Zukunft sichern.
Stuttgarter Nachrichten, Andrea Kachelriess 14.1.2013
MODERNER TANZ IM ATTRAKTIVEN SECHSERPACK
Mit 'Burning Bridges' von Jirí Bubenícek begann der Abend noch etwas verhalten. Witz, Temperament, Dynamik und Spektakel sind Markenzeichen von Gauthier Dance, und unter diesen Vorzeichen kam das Publikum in den anderen Stücken voll auf seine Kosten. Mit 'Cherry Pink and Apple Blossom White' steuert der israelische Choreograf Itzik Galili ein skuril akrobatisches Duo bei: Anneleen Dedroog und Sebastian Kloborg in artistischen Körperverrenkungen, zur Mambomusil Pérez Prados, und mit gut plazierten Pointen im Stil eines Woody-Allen-Films. Den krönenden Abschluss vor der Pause bildete Cayetano Sotos Sieben-Personen-Stück 'Malasangre' - eine Hommage an die kubanische Sängerin La Lupe, deren showmäßige Paraden der spanische Choreograf immer wieder mit individellen Bewegungen bricht.
Eric Gauthiers eigener choreographischer Beitrag war mehr ein spektakläres Event und von ganz anderem Kaliiber war unmittelbar danach sein von Marco Goecke kreiertes Solo 'I found a fox'. Hier wirbelt Gauthier wie eine hoch explosive, sich selbst steuernde Marionette durch den Raum. Typisch Goecke ist das sich immer wieder verfinsternde Bühnenlicht. Auch die verzerrten, sich ständig wiederholenden Gliederbewegungen zeigen die Absurdität eines Monologs von Beckett.
Stephan Thoss versammelt in seinem 'Bolero' sechs alte Damen zum Kaffeekränzchen. Nach diversen in träger Bewegung absolvierten Schlagern löst Ravels rhythmischer Drive alle Fesseln und bringt die liebevoll kostümierten Kaffeetanten köstlich in Fahrt.
Ludwigsburger Zeitung, Dietholf Zerweck 14.1.2013
MODERNER TANZ IM ATTRAKTIVEN SECHSERPACK
Mit 'Burning Bridges' von Jirí Bubenícek begann der Abend noch etwas verhalten. Witz, Temperament, Dynamik und Spektakel sind Markenzeichen von Gauthier Dance, und unter diesen Vorzeichen kam das Publikum in den anderen Stücken voll auf seine Kosten. Mit 'Cherry Pink and Apple Blossom White' steuert der israelische Choreograf Itzik Galili ein skuril akrobatisches Duo bei: Anneleen Dedroog und Sebastian Kloborg in artistischen Körperverrenkungen, zur Mambomusil Pérez Prados, und mit gut plazierten Pointen im Stil eines Woody-Allen-Films. Den krönenden Abschluss vor der Pause bildete Cayetano Sotos Sieben-Personen-Stück 'Malasangre' - eine Hommage an die kubanische Sängerin La Lupe, deren showmäßige Paraden der spanische Choreograf immer wieder mit individellen Bewegungen bricht.
Eric Gauthiers eigener choreographischer Beitrag war mehr ein spektakläres Event und von ganz anderem Kaliiber war unmittelbar danach sein von Marco Goecke kreiertes Solo 'I found a fox'. Hier wirbelt Gauthier wie eine hoch explosive, sich selbst steuernde Marionette durch den Raum. Typisch Goecke ist das sich immer wieder verfinsternde Bühnenlicht. Auch die verzerrten, sich ständig wiederholenden Gliederbewegungen zeigen die Absurdität eines Monologs von Beckett.
Stephan Thoss versammelt in seinem 'Bolero' sechs alte Damen zum Kaffeekränzchen. Nach diversen in träger Bewegung absolvierten Schlagern löst Ravels rhythmischer Drive alle Fesseln und bringt die liebevoll kostümierten Kaffeetanten köstlich in Fahrt.
Ludwigsburger Zeitung, Dietholf Zerweck 14.1.2013
ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT
Es sind immer wieder eher die kurzen und kurzweiligen Bravourleistungen, die alle hippen Tanzabende von Gauthier Dance ausmachen. Galilis gelenkig überlenkte Paarnummer mit dem famosen Sebastian Kloborg und Anneleen Dedroog könnte einmal seinen bisherigen „Sofa“-Hit ausstechen. Und auch das virtuos hibbelnde Solo „I found a Fox“, das Marco Goecke Eric Gauthier auf den Leib schrieb, steht quasi als Markenzeichen für die Truppe: augenzwinkernde, ironische Kabinettstückchen, die von der Jugendkultur bis zu Fitnessübungen alles amagalmieren oder absorbieren.
Da ist die Company am stärksten, wenn die Choreografen ihr mehr Inventionen als Inventar bieten. Jiri Bubeniceks „Burning Bridges“ etwa bleibt, zwischen surrealem Gestühl und kaputtem Tisch, fade und merkwürdig unin- spiriert. Auch Gauthiers Beitrag „Takuto“, der in tänzerischer Unterforderung japanoide Trommelkultur aufleben lässt, scheint nicht unbedingt der richtige Fingerzeig in die Zukunft zu sein.
Stärker dagegen Cayetano Sotos kubanisch befeuertes Stück „Malasangre“. Und am überzeugendsten die einzige Nicht-Uraufführung des Abends: der 14 Jahre alte „Bolero“ von Stephan Thoss. Der Blick zurück in die Zukunft, auf einen hinreißenden Seniorinnen-Nachmittag, der in bester Tanztheatermanier zum rasenden Ravel-Bacchanal ausartet. Sechs Golden Girls, verhext vom Bolero-Rhythmus, wo schließlich jede mitmuss: ein Knalleffekt am Schluss. Worauf es dann auch fürs Publikum kaum ein Halten mehr gab.
Wilhelm Triebold, Südwest Presse 14.1.2013
AMBITIONIERTER MAMBO
Es beginnt rätselhaft: Jirí Bubenícek, lange ein wunderbarer Neumeier-Tänzer in Hamburg und nun beim Dresdner Semperoper-Ballett, verfällt mit „Burning Bridges“ ins tanztheatralische. Unter einem kaputten Tisch sortiert ein Paar seine Beziehungen, zwei Herren auf überhohen Stühlen kommentieren in Englisch.
Itzik Galilis „The Sofa“ ist wahrscheinlich das beliebteste Stück, das die Kompanie im Repertoire hat, und genau so einen Brüller wollte Eric Gauthier vom israelischen Choreografen noch einmal haben. Fast hat es geklappt mit „Cherry Pink and Apple Blossom White“, einem akrobatischen Duo zur jazzigen Nummer des „King of Mambo“ Pérez Prado. Der offensive Gutelaune-Hit mit der Trompetenfanfare animiert zwei Büroangestellte zum wilden Liebessparring. Der herrlich unbeholfene Sebastian Kloborg und die wenig verführerische Anneleen Dedroog tuckern, tänzeln, watscheln und greifen sich gegenseitig in den Schritt, sie springt auf seinen Rücken und tanzt dort Mambo.
Sehr musikalisch taucht der Spanier Cayetano Soto in die lateinamerikanischen Rhythmen ein, sein „Malasangre“ spielt raffiniert mit den Synkopen von „Fever“ oder „Guantana- mera“, interpretiert von der kubanischen Sängerin La Lupe. Der Boden ist mit dunklen Fetzen bedeckt, die Herren sehen in ihren Faltenröcken über schwarzen Strümpfen so grotesk wie verführerisch aus.
Mit neun Trommlern und einem geheimnisvollen Mönch wirkt „Takuto“ wie eine Mischung aus „Stomp“ und dem „Da Vinci Code“. Eric Gauthiers eigener Beitrag zum Abend ist eine tolle Show, effektvoll inszeniert und auf hängenden, stehenden, großen und kleinen Trom- meln majestätisch hingeholzt.
Zur exzentrischen Mädchenstimme von Kate Bush wird dann wieder mit den Beinen getanzt: „I Found a Fox“ ist genau wie „Mopey“ eines der verspielten Solos, in denen Marco Goeckes Choreografie virtuos auf der Musik dahintanzt, mit seinen typisch flatternden Händen und abrupten Bewegungen. Fast trunken lässt der Hauschoreograf des Stuttgarter Balletts seinen gewandten, eleganten Interpreten Eric Gauthier im Walzer- takt des Songs versinken, für Sekunden gefriert der Tänzer in traumschönen Posen.
Stephan Thoss lässt in seinem Bolero sechs schrullige Damen, die sich zum Kaffeekränzchen treffen, über dem enigmatischen Triolen-Rhythmus regelrecht ausflippen. Den Omis fährt die Ekstase in die Glieder, sie schwofen vor sich hin, kicken die Beine und wälzen sich auf dem Boden.
Esslinger Zeitung, Angela Reinhardt 14.1.2013