GRUPO CORPO
REPERTOIRE
CHOREOGRAPHIE | RODRIGO PEDERNEIRAS |
MUSIK | TOM ZÉ, ZÉ MIGUEL WISNIK |
LICHT, BÜHNE | PAULO PEDERNEIRAS, FERNANDO VELLOSO |
KOSTÜME | FREUSA ZECHMEISTER |
URAUFFÜHRUNG | 1997 |
DAUER DER VORSTELLUNG | 45 MINUTEN |
ON STAGE | 19 TÄNZERINNEN |
Die ländliche Inspiration und der daraus resultierende zeitgenössische Soundtrack von Tom Zé und José Miguel Wisnik für Parabelo aus dem Jahr 1997 veranlassten den Choreographen der Grupo Corpo, dieses Stück, das er selbst als seine "brasilianischste und regionalste" Kreation bezeichnet, ins Leben zu rufen.
Aus Arbeits- und Andachtsgesängen, aus der Erinnerung an den rhythmischen Baião und aus den überbordenden und stets präsenten, verschlungenen rhythmischen Punkten und Kontrapunkten entsteht eine Choreografie voller Hüftschwünge und Fußstampfen. Es ist ein hinreißendes Zeugnis der Reife und der Ausdruckslehre, die der Schöpfer von Missa do Orfanato und Sete ou Oito Peças para um Ballet über viele Jahre hinweg entwickelt hat.
Die Ästhetik der Votivgaben aus den Kirchen des Landes inspirierte Fernando Velloso und Paulo Pederneiras bei der Gestaltung der 15 x 8 Meter großen Tafeln, die das Bühnenbild des Balletts unterstützen.
Mit der Intensität der Farben, die von schwarzem Tüll verhüllt und nur in dem kleinen und zwingenden Raum der Ballettschuhe enthüllt werden, kreiert die Kostümbildnerin Freuse Zechmeister die Licht- und Schattenspiele, die die Tänzer im ersten Teil von PARABELO "einkleiden". Und im explosiven Finale des Balletts werden die Trikots vom Schleier befreit und zeigen die freudige, hohe Temperatur ihrer Farben.
Parabelo ist die portugiesische Bezeichnung für die Automatikpistole: die „Parabellum“, abgeleitet vom Lateinischen „Si vis pacem para bellum“ (Wenn du Frieden willst, bereite den Krieg vor). Der Name kennzeichnet eine Choreographie, die für Kampf und Versöhnung, Armut und Reichtum, Öde und Fruchtbarkeit steht – und damit für das, was Brasilien ausmacht.
Bei dieser Choreographie, die seiner Meinung nach, am meisten in seiner brasilianischen Heimat verwurzelt ist, dachte Rodrigo Pederneiras an die „bodenlose Höhle“ seines Landes: die von der Sonne verbrannte Erde und die endlosen schwarzen Wälder. Ihnen das Leben abzutrotzen – dies macht die enorme Vitalität einer Nation aus, die ihre Kraft aus den Extremen schöpft. Die intensiven Farben und der schwarze Tüll, hinter dem die Tänzerinnen und Tänzer im ersten Teil versteckt sind, symbolisieren diesen Widerspruch.
Nur der winzige Raum, der für die Füße freigelassen wird, bietet zunächst einen „Lichtblick“ und eine Ahnung von dem, was sich hinter dem düsteren Schleier verbirgt. Erst beim explosiven Finale sind die Trikots von den Schatten befreit; sie zeigen Lebenslust und die hoch temperierten Farben Brasiliens.
Der Soundtrack wurde von zwei Ikonen der einheimischen zeitgenössischen Musik komponiert. Die postmodernen Sounds von Tom Zé verbinden sich mit sanftem „Poetic Pop“ von Zé Miguel Wisnik. Zu Arbeits- und Gebetsliedern sowie ausgelasenen, raffiniert verschlungenen Rhythmen entsteht eine Choreographie voller Dynamik und Körperlichkeit und ein hinreißendes Bekenntnis zum Leben, das in der Reife der Erfahrung zur Unschuld ausgelassener Bewegung zurückfindet.
Rituelle Bilder wechseln in dem von brasilianischer Folklore inspirierten Stück mit wirbelnden Gruppenaktionen bei dem immer von neuen die fließende Eleganz und Lässigkeit aller Bewegungen fasziniert.
Stuttgarter Zeitung