GRUPO CORPO
REPERTOIRE
CHOREOGRAPHIE | RODRIGO PEDERNEIRAS |
MUSIK | CARLOS NÚNES AND JOSÉ MIGUEL WISNIK (ON SONGS BY MARTÍN CODAX) |
LICHT, BÜHNE | PAULO PEDERNEIRAS |
KOSTÜME | FREUSA ZECHMEISTER |
URAUFFÜHRUNG | 2011, TEATRO ALFA, SAO PAULO |
DAUER DER VORSTELLUNG | 47 MINUTEN |
ON STAGE | 20 TÄNZERINNEN |
Das Meer, das den Geliebten davonträgt und zurückbringt, den Freund, schenkt Sem Mim Leben und Bewegung. Das Ballett wird erregt und beruhigt durch die Begleitmusik von Carlos Núñez aus Vigo und José Miguel Wisnik aus Brazilien, komponiert in Anlehnung an die wenigen Stücke des mittelalterlichen, weltlichen, galicisch-portugiesischen Liederbuchs, dessen Partitur uns erhalten geblieben ist: der gefeierte Liederzyklus “Das Meer von Vigo” von Martín Codax. In den sieben Liedern aus dem 13. Jahrhundert spricht der Dichter stets mit der Stimme einer Frau oder vielmehr der Stimme verliebter Mädchen, die Abwesenheit des Liebhaber-Freundes beweinend oder seine baldige Rückkehr feiernd. Ängstlich ob der Wiedervereinigung, vertrauen sie sich gelegentlich dem Meer an, gelegentlich der Mutter, manchmal Freunden. Und, um das Verlangen zu stillen oder schüren, baden sie in den Wellen der See von Vigo.
Die Verse des mittelalterlichen Troubadours veranlassen Rodrigo Pederneiras, seine Bewegungspartitur durch den Wechsel zwischen Ruhe und Raserei und mit der Ebbe und Flut zu entfalten und ebenso, im Gebaren auf der Bühne, die Trennung zwischen Femininem und Maskulinem zu produzieren, in der stets die Abwesenheit des Anderen beklagt wird – in einer Choreographie den fortwährenden Fluss von Vorwärtsdrang und Rückzug sowie die Wiederkehr gewundener und abrupter Bewegungen des Rumpfes abbildend.
Durch die Verbindung einer geometrischen Figur mit einer organischen Form – beide vertikal verstellbar – erschafft Paulo Pederneiras eine metamorphe Kulisse, die sich während der Vorstellung wandelt, um verschiedene Landschaften und Elemente abzubilden: das Meer, die Berge, die Wolken, ein Boot, ein Fischernetz, die Dämmerung.
Auf die fein gewebten Trikots, gefärbt in der Hautfarbe eines jeden Tänzers, appliziert Freusa Zechmeister Inschriften und Texturen basierend auf Ornamenten aus dem Mittelalter, verwandelt die Körper der Tänzer in Träger der gesamten Symbologie jener Zeit und erzeugt die Illusion, die Bühne sei bevölkert von Männern und Frauen „au naturel“, deren „Nacktheit“ lediglich bedeckt wird vom archaischsten Symbol maritimer Imagination: der Tätowierung