RICHARD SIEGAL / BALLET OF DIFFERENCE AM SCHAUSPIEL KÖLN
PRESSESTIMMEN
BALLET OF DIFFERENCE IN RICHARD SIEGALS ALL FOR ONE AND ONE FOR THE MONEY
Siegals Mission ist es, Ballett in das 21. Jahrhundert zu führen, und in seinem neuesten Werk, das durch die Umstände auf ungewohnte Pfade geleitet wurde, hat er ein neues Niveau erreicht. Der Tanz übernimmt die Führung in einer ungewohnten Umgebung, die voller Möglichkeiten steckt. Es ist ein mutiges und aufregendes Unterfangen.
Maggie Foyer, Seeing Dance 23.11.2020
EINE GAMING-SOCIAL-MEDIA-CHAT-PERFORMANCE
Richard Siegal schöpft das künstlerische Potential des Digitalen voll aus. So gelingt mit diesem smart, sexy, live stream ein Ereignis der ästhetischen Überwältigung, die ganz der kapitalistischen Ideologie gemäß vor allem eins erzeugt: Die Gier nach mehr.
Nicole Strecker, WDR5 Radio 23.11.2020
DIGITALE PREMIERE AM SCHAUSPIEL KÖLN
Wir müssen zugeben, dass uns diese drei Streams teilweise überfordert haben, wir mögen es gerne, möglichst viel mitzubekommen, doch ist auch das ein Phänomen unserer modernen Gesellschaft, eine Bahnfahrt wird genutzt, um Sprachnachrichten zu verschicken, zu telefonieren, Facebook, TikTok und Instagram zu checken und um noch schnell bei seinem Lieblingsspiel ein paar Punkte zu machen. Manche beschreiben gar eine Angst, etwas verpassen zu können, bekommen Schweißausbrüche, wenn ihr Datenvolumen aufgebraucht ist und das WLAN nicht funktioniert, also ist es nur logisch, dass man auch bei einer solchen Performance alles mitbekommen möchte. Und trotzdem stand für uns das Tänzerische des Ballet of Difference im Vordergrund. Die Tänzer*innen machten wieder einen grandiosen Job, selbst durch die Distanz des Internets konnte man eine enorme Spannung und viel Energie auf der Bühne erleben, die wunderbar einherging mit der Musik, für die sich Lorenzo Bianchi Hoesch verantwortlich zeichnet. Dadurch, dass die Tänzer*innen auch sehr nah an der Kamera getanzt haben, fühlte man sich selbst abgeholt und mitgenommen.
Spannend wurde es, als wieder eine Tanzsequenz zu sehen war und im Hintergrund QR-Codes abgebildet wurden. Der Neugier nachgebend, zückten wir unsere Handys und scannten die Codes und tatsächlich: man kam zu einem Ergebnis.
Wer klassisches Theater oder aber eine reine Tanz-Performance erwartet, wird bitter enttäuscht werden, doch wer offen in die Veranstaltung geht und bereit ist sich auf diesen Aufbau einzulassen, der wird im Laufe des Abends auf seine oder ihre Kosten kommen.
Werner Alderath, theaterwg.de 23.11.2020
TANZ DAS COMPUTERSPIEL
Es dauert wohl noch, bis aus trägen Tanz-Guckern souveräne Tanz-Gamer werden. Richard Siegal jedenfalls beweist sich hier wieder mal als visionärer Mentor, der auch das pandemiebedingt nur noch mürrisch wahrgenommene „Livestreaming“ zu einem Ereignis machen kann.
Nicole Strecker, Kölner Stadtanzeiger 23.11.2020
ALS ICH FÜR MASON MANNING ZWEI EURO BEZAHLTE
Der Choreograf Richard Siegal liebt das Risiko und was er nun zeigt ist weit mehr als ein gestreamter Ballettabend. Das Stück versucht nicht weniger als die Erforschung einer szenischen Internet-Kunst. Wer ein Ticket für die Vorstellung erstand, gelangte über einen link auf eine Internetseite, wo unter drei Streams gewählt und jederzeit gewechselt werden konnte. Gleichzeitig lief am rechten Bildschirmrand ein Chat mit. Zwei zusätzliche Privatstreams konnten während der Performance noch gegen einen frei gewählten Betrag zugebucht werden und QR-Codes im Bühnenbild beamten die Zuschauer*innen per Handyfoto auf Webseiten als zusätzliche Erweiterung.
Die Überforderung der User*innen war offensichtlich gewollt. Auch wenn in zwei der drei Hauptstreams Schauspieler des Kölner Ensembles vor allem Videogames spielten, erforderten doch die Texte, die sie dabei sprachen, eigentlich volle Aufmerksamkeit. Die wurde allerdings unmöglich, sobald sich der Zuschauer auf das Chat-Angebot einließ, das als interaktivster Teil des Stückes nicht unwichtig ist, weil es als anonymer Live-Kommentar den wohl größten Unterschied zum stillen Ausharren im Zuschauerraum darstellt.
Gegen Ende kam noch der Tanz zu seinem Recht. In einer großen, live getanzten Sequenz spielte Siegal alle seine Kunstfertigkeiten als Choreograf und Bilderfinder aus!
Honke Rambow, kultur.west 21.11.2020
RICHARD SIEGAL INSZENIERT BALLETT FÜRS INTERNET
Eine komplexe digitale Inszenierung, die ein ästhetisches Gesamterlebnis zeigt und eine eigene Kunst hervorgebracht hat.
Elisabeth Nehring, WDR 1 21.11.2020
WILLKOMMEN IN DER VIRTUELLEN WELT
Die Interaktivität in „All For One And One For The Money“ ist es, was dem Publikum die Dynamiken der Internets vor Auge hält. Es kommt zu einer Aufwertung der eigenen Position und unseres point of view. Die aktive Teilnahme am Chat, das Auswählen des Streams und somit das Abtauchen in verschiedene Parallelwelten reproduzieren die Navigation im Web. Erst durch diese Teilnahme erhält die Performance ihre Gewichtung und Signifikanz, durch den Prozess dieser Interaktivität werden Unterhaltungsstrategien, Cyber-Kapitalismus, Abhängigkeiten, Manipulation, Gemeinschaft, Einsamkeit und Identität offengelegt. Die Verortung der Performance im virtuellen Raum eröffnet ein Spektrum neuer möglicher Projekte in einer zunehmend digitalisierten Welt. Ein mutiger Versuch für alle Beteiligten, der eine andere Perspektive für den Tanz eröffnet und neue Möglichkeiten für die Zukunft beinhaltet.
Roxane Lindlacher, tanznetz.de 21.11.2020
DIE FASZINIERENDE WELT DES DIGITALEN
Zur künstlerischen Verstärkung hat sich Siegal neben der futuristischen Modeschöpferin Flora Miranda den Licht- und Video-Designer Matthias Singer sowie den suggestiven Musiker Lorenzo Bianchi Hoesch zu Hilfe geholt, der mit einem bewegenden elektronischen Soundtrack aufwartet. So kommt es zu einem intensiven Nachdenken und philosophischen Reflektieren über Gemeinschaft und Identitäten sowie ideelle und monetäre Werte im virtuellen Raum.
Es ist eine völlig neue Welt, die sich dem Publikum hier in visuell vielfältigen Momenten erschließt. Der Phantasie sind bei diesem Farbenspiel keine Grenzen gesetzt. Die Online-Uraufführung hinterlässt durchaus eine gewisse revolutionäre Wirkungskraft.
Alexander Walther, online merker 21.11.2020
GAMING VS. ZUSCHAUEN
Gemeinsam mit dem Licht- und Video-Designer Matthias Singer hat Richard Siegal eindrucksvolle „Tanzräume“ entworfen: Es sind digitale Räume, die die Tänzer wie Figuren in einem Computerspiel durchtanzen. Mal befinden sie sich in einem verpixelten Raum, mal tanzen sie Pirouetten auf QR- und Barcodes. Streifen, ähnlich der Codes, kleben auf ihren Körpern (Kostüm: Flora Miranda). Dann füllt sich der Raum scheinbar mit Farbe: gelb mit noch anderen Farbpigmenten auf den Wänden und den Kleidern der Tänzer*innen. Körper und Raum gehen ineinander über, sind fast nicht voneinander zu trennen und werden durch die elektronische Musik von Lorenzo Bianchi Hoesch als Art vierte Dimension ergänzt.
Verena Blatz, Die Deutsche Bühne 21.11.2020
Interaktiv, super komplex und zeitgeistig. Smart, sexy, hip: typisch Siegal.
Nicole Strecker, Deutschlandfunk Kultur 21.11.2020
TÄNZER VERSCHMELZEN MIT PIXELN
Das exzellente Ensemble schafft mitreißende Szenen, wenn ihre Körper in energiegeladenem Flow mit der Projektion aus groben Pixeln zu verschmelzen scheinen. Aufgelöst im Rastern-Regen scheinen sie Gefangene dieser technoiden Welt, die jede Identität tilgt. Dann verengt sich der Raum durch Seitenwände, die sich zusammenschieben. Aus diesem Kanal, durch den farbige Streifen jagen wie ein Datenstrom, gibt es kein Entrinnen.
Rheinische Post 1.12.2020