RICHARD SIEGAL / BALLET OF DIFFERENCE AM SCHAUSPIEL KÖLN
REPERTOIRE
CHOREOGRAPHIE | RICHARD SIEGAL |
DRAMATURGIE UND MUSIKALISCHE BERATUNG | TOBIAS STAAB |
MUSIK | SERPENTWITHFEET SPECIAL THANKS TO TRI ANGLE |
KOSTÜME | MARTA JAKUBOWSKI |
STYLIST | EDDA GUDMUNDSDOTTIR |
LICHTDESIGN | GILLES GENTNER |
ASSISTENT STYLIST | MARTIN TORDBY |
BALLETMEISTERIN | CAROLINE GEIGER |
PRODUKTIONSLEITUNG | MIRIA WURM |
TECHNISCHE LEITUNG | ROMAN FLIEGEL |
URAUFFÜHRUNG | 11.5.2017 DANCE FESTIVAL, MUFFATWEK MÜNCHEN (D) |
ON STAGE | 3 TÄNZERINNEN |
DAUER DER VORSTELLUNG | 16 MIN |
Eine Produktion von
Richard Siegal/The Bakery und ecotopia dance productions
Koproduziert mit
Tanz Köln, Schauspiel Köln, Dance 2017, Muffatwerk München
Gefördert durch
Kulturreferat der Landeshauptstadt München
Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen
Richard Siegal ist resident choreographer am Muffatwerk München
Studie 1 „Lady Gaga (I am starting to feel)“
Chelsea Manning steht vor dem Spiegel und fühlt ihren Kopf. Ihre Finger gleiten durch ihr kurzes Haar. Es wird wöchentlich auf eine Länge von 5 cm geschnitten – der Richtwert für männliche Gefangene. Obwohl ihr hier eine Hormonbehandlung und Kosmetik gestattet werden, darf Chelsea ihre Haare nicht wie andere weibliche Gefängnisinsassen schulterlang tragen. Ihr kurzes Haar erinnert sie an Bradley Manning. Der Mann, in dessen Körper sie die meiste Zeit ihres Lebens verbrachte. Der amerikanische Soldat, der hunderttausende von vertraulichen Files des US-Militärs der Öffentlichkeit zugänglich machte. Bei einem Heimaturlaub in die USA übermittelte er die geheimen Daten, die er teilweise auf eine CD mit der Aufschrift „Lady Gaga“ gebrannt hatte, an die Internet-Plattform Wiki-Leaks. Damals zeigte sich Bradley zum ersten Mal als Frau in der Öffentlichkeit. Chelsea erinnert sich an die Perücke und das Make-Up. Und daran, wie gut sich die langen Haare anfühlten. Sie denkt daran, wie die letzten Jahre sie verändert haben. Wie sie immer wirklicher und menschlicher geworden ist. Sie beginnt zu fühlen, wie sie endlich zu der Frau wird, die sie wirklich ist.
Studie 2 „I want (Show me yourself)“
Bradley Manning arbeitet bei Starbucks in Potomac, Maryland. Jeden Abend kommt er nach Hause und sieht die Nachrichten, die zeigen, wie Soldaten und Zivilisten im Irakkrieg ihr Leben verlieren. Er entscheidet, zur US-Army zu gehen. Er fühlt in seinem Inneren ein starkes Pflichtgefühl gegenüber dem amerikanischen Volk. Und er hofft, durch den Einsatz im Kriegsgebiet endlich auf andere Gedanken kommen. Er will das Gefühl loswerden, eine Frau zu sein. Einige Jahre später auf einem US-Stützpunkt im Irak: Zusammengerollt wie ein Embryo wird Bradley Manning in einem Wandschrank der Armee gefunden. Mit einem Messer hat er die Worte „I want“ in einen Stuhl geritzt.
Studie 3 „Lie to me (Forgiveness has not forgiven it)“
Die Strafe für Chelsea Mannings ersten Suizidversuch im Gefängnis ist die Einzelhaft. Schon am ersten Tag in der Einzelzelle hat sie es noch einmal versucht. „Lie to me - Lüg mich an“, hatte Julian Assange damals gesagt, als es um die persönlichen Details ihres Lebens ging. Sie fragt sich, ob ein Leben in Kategorien wie Lüge und Wahrheit erzählt werden kann. Dann denkt sie an die Wahrheiten, die sie der Welt zugänglich gemacht hat. Sie denkt an die eine Wahrheit, die sie für sich gefunden hat. Sie denkt an Präsident Obamas Freispruch. Sie denkt an ihre Entlassung am 17. Mai 2017.