CENTRO COREOGRAFICO NAZIONALE / ATERBALLETTO
PRESSESTIMMEN
ROMEO UND JULIA MAL ANDERS: LIEBE UND LEID UND TOD
Die Inszenierung der italienischen „Compagnia Aterballetto“ zu toppen, dürfte indes schwer werden, vielleicht unmöglich. Das Ensemble, das zum zweiten Mal in Schweinfurt gastiert, ist blutjung, setzt sich aus Solotänzern auf Spitzen-Niveau zusammen. Die Italiener liefern fast 90 Minuten Tanzbilder von atemberaubender Athletik und Schönheit, und das am laufenden Band. Wer die Schnelligkeit, Kraft und Ästhetik der Körper in sich aufnimmt, vergisst schnell, was gelangweilte Ensembles Klassikern wie „Nussknacker“ oder „Schwanensee“ mitunter antun.
Main Post 12.2.2009
EIN BALANCEAKT DER LIEBE
... Romeo und Julia erleben kein persönliches Schicksal, denn ungeschützt trifft die Liebe jeden Menschen. Er ist der Gefühlsgewalt ausgesetzt und ausgeliefert, auch wenn er sich mit martialischer Maskerade vor ihr zu wappnen sucht.
Doch Knieschoner, Lederwesten, Riemen und Schutzhelme taugen nicht. Im Balanceakt von Abwehr und Leidenschaft siegt die Liebe. Sie, das reine Gefühl. Dafür findet Bigonzetti anrührende Bilder. Etwa dann, wenn alle acht Paare ihre „Panzer“ ablegen und in Zärtlichkeit zueinander finden. Rhythmischer Motor dieser Auseinandersetzung ist die Musik Serge Prokofieffs. Geschickt ist das kompositorische Orginal dieser Romeo-und Julia-Neuerung angepasst. ...
Leverkusener Anzeiger 9.2.2009
GENIALE VARIATIONEN ÜBER EINE UNSELIG-SELIGE LIEBE
Eine Windmaschine hat die meisten Menschen aus William Shakespeares Tragödie „Romeo und Julia“ davongeblasen. Deshalb gibt es in Mauro Bigonzettis eigenwillig-genialer Fassung für die grandiose Compagnia Aterballetto unter dem Titel „Romeo and Juliet“ keine Familien Montague und Capulet, keinen Mercutio und Tybalt, keinen Escalus und Bruder Lorenzo. Auf gezogene Degen und martialische Zweikämpfe wartet man vergeblich. Bigonzetti reduziert die berühmte Legende vom vergifteten Glück in Verona auf die zwei Liebenden, die sich vervielfachen: Acht Romeos und acht Julias vermitteln in einer schier unglaublichen Vielfalt von Bewegungskombinationen den Mythos als aktuell-allgemein gültige Wahrheit. ...
Fuldaer Zeitung, 5.2.2009
SINNLICH-POETISCHES KÖRPERTHEATER
Sie haben ihren exellenten Ruf bestätigt!
Keine Balkon-, keine Fecht-, aber immerhin eine Ballszene. Mauro Bigonzetti und Fabrizio Plessi entschlacken den Klassiker radikal und bieten damit alles - nur kein konventionelles Handlungsballett. Und doch erzählen sie viel vom einzelnen Individuum, das sich nach Austausch, Nähe und körperlicher Vereinigung sehnt. ...
Nürnberger Nachrichten 2.2.2009
ROMEO UND JULIA IM TAUFRISCHEN GEWAND
... Bigonzettis Choreographie setzt auf schlichte, aber starke Bilder, die der bekanntesten Liebesgeschichte der welt eine jugendliche zeitgemäße Dynamik verleihen. ...
Fürther Nachrichten 2.2.2009
UNENDLICH GROSS IST DIE VIELFALT DER KÖRPERSPRACHE
Wer daruf eingestimmt war, die tragische Geschichte des berühmten Veroneser Liebespaars erzählt zu bekommen, hat sich vermutlich verwundert die Augen gerieben. dennoch hat Bigonzetti seinem Ensemble alle Elemente der Geschichte buchstäblich auf den leib geschrieben: Liebe, Verschmelzung, Unerreichbarkeit, Feindschaft zeigt er mit sehr persönlicher Ausdrucksweise. ...
Schwäbische Zeitung 29.1.2009
JEDER IST ROMEO UND JULIA
...
Die eigentliche Handlung tritt zugunsten der Empfindung in den Hintergrund. Das Mosaik ist fertig, wird doch wieder von neuem zusammengesetzt, um schließlich ein monumentales künstlerisches Gesamtwerk zu ergeben. Alles ist im tänzerischen Fluss. Riesige Propeller verbreiten den Wind der Veränderung. Aus einem einzelnen Paar wird fast ein Dutzend Liebender. Der Einzelne ist austauschbar. Jeder ist Romeo und Julia – in letzter Konsequenz ist das die eigentliche Botschaft. Man begegnet sich im Rausch der Sinne, um einzelne Sequenzen der Liebeslust und Liebesqual zu durchleben. Ein Fuß windet und quält sich im Motorradhelm, Masken und Knieschoner werden zu Zeichen der Hilflosigkeit, Protektoren zum Schutz für die leibliche Hülle – während die verletzliche Seele innerlich zerbricht. ...
Südkurier 29.1.2009
(…) Eine Übereinstimmung der Ziele und ein ästhetisches Zusammenklingen, aus einheitlicher Konzeption. Die zum Schauspiel erhobene Aggressivität unserer Zeit, das Theatralische ihres Auftretens – ob visuell oder choreographisch – ein gleichsam gewalttätiger Geschmack am Effekt von Farbigkeit und Schwarzweiß, die Vorliebe für nüchterne Sequenzen oder symbolische Bilder, finden in der dramaturgischen Konzeption des Balletts ihre Poetik perfekt zum Ausdruck gebracht. (…)
Ein, tausend, hunderttausend Romeos und Julias begegnen sich aggressiv und kämpferisch zwischen den Totemsteinen der Jetztzeit, sie geben sich der körperlichen Liebe in geschliffenen choreographischen Sequenzen hin, von Zeit zu Zeit mit Anklängen an die klassischen Bearbeitungen des Ballets. Schließlich vereinigen sie sich, wenn auch von ihrer Sterbemusik begleitet, in einem monumentalen Bild von leuchtender Ewigkeit.
Valentina Bonelli – Gazzetta di Parma, 22. Mai 2006
(…) Feuer, das die drei Paare zu den letzten Noten von Prokofjevs „Romeo und Julia“ in Bewegung bringt und das die – wie William Shakespeare sie nannte – „traurige Geschichte“ der Liebenden von Verona aus dem Finale heraus neu beginnen lässt. (…)
Eine sehr freie Interpretation von Shakespeares Meisterwerk, die Partitur und Handlung zerlegt und zusammenbaut, als bestünden sie aus Legosteinen, um sich auf das „Paar“ zu konzentrieren, Symbol der umwälzenden Kraft der Jugend und der verzehnfachten Liebe, zehn Mal Romeo, zehn Mal Julia.
Ein hyper-energetischer Tanz, aufgeführt mit Knieschonern und Motorradhelmen, die den Körper schützen, aber die Seele nicht. (…)
Wunderschöner Tanz (perfekte Interpreten) (…)
Francesca Pedroni – Il Manifesto, 4. Juni 2006
(…) Die beiden Pas de deux in der Fenster- und in der Schlafgemachszene bieten die packendsten Momente. Mit einer knallharten und akrobatischen Gestik. Mit den Paaren, die sich nach und nach den Stab weiterzureichen scheinen und sich auf der Bühne abwechseln, um Liebe und Leidenschaft zu tanzen. (…)
Sergio Trombetta – La Stampa, 1. Juni 2006
(…) er zieht es vor, Fenster für Empfindungen zu öffnen, anstatt eine Handlung zu erzählen; er arbeitet an der Schnelligkeit und Kraft der Körper; verlangt seinen aus unterschiedlichen Ländern stammenden Künstlern äußerste physische Disziplin ab: manche Würfe, manches schnelle Fangen sind reine Athletik.
(…) aus der Tragödie werden, durch geschicktes Spiel mit dem Destillierkolben, die abstrakten Wesenheiten herausgelöst – Liebe und Tod – und vervielfältigt: Am Ende haben wir zehn verschiedene Romeos und Julias, die Verliebten im Stück sind austauschbar geworden, vereint jedoch in Kämpfen und Kriegen und Gewalt. Motorradhelme, in die die Tänzer einen Fuß hineinstecken, und die zu Bomben oder Rugbybällen werden, stehen symbolisch für Hindernisse und Schwanken: Sich zu bewegen ist nicht mehr gefahrlos möglich.
(…) Zu den Höhepunkten des Balletts zählen viele originelle, ungestüme Pas de deux (…)
Fabrizio Plessis Bühnenausstattung besitzt eine außergewöhnliche evokative Kraft – mit beweglichen High-Tech-Gebilden, Propellern und ausdrucksstarken Farben, im Retro-Design – und trägt zur überlegenen Qualität des Balletts bei, unterstützt von Prokofjevs Musik und einer ausgezeichneten Leistung aller Interpreten. (…)
Mario Pasi – Corriere della Sera, 12. Juni 2006
ROMEO UND JULIA IM FOKUS DER GEFÜHLE
(…) so richtig los gingen die II. Festspiele im Theater im Pfalzbau Ludwigshafen erst am Donnerstag mit „Romeo und Julia“, dem Ballett, mit de Aterballetto Reggio Emilia Deutschlandpremiere feierte und das nach den 90 Minuten auch begeistert aufgenommen wurde. Mauro Bigonzetti hat eine ganz neue Sichtweise auf die tragische Liebesgeschichte gezeigt und der nüchtern kühle Raum von Fabrizio Plessi, der bei der gesamten Konzeption des Stückes mitgewirkt hat, schuf eine Umgebung, die in Verbindung mit der Musik Prokofjews feinste Nuancen freilegte.
(…) Romeo und Julia sind zwei Jugendliche, die in wahnsinnigem Tempo aufeinander zu rasen, un daher haben sie Rücken-, Ellbogen- und Knieprotektoren angelegt und mancher Romeo zeiht auch eine Sturmhaube, einem Motorradfahrer ähnlich, über. Aber es ist ein nutzloser Schutz gegen die Liebe, die alles niederrennt und mit Vehemenz ins Herz trifft. Und es ist nicht nur ein Romeo und eine Julia, es sind gleich drei, sechs oder zehn Paare, die sich kämpferisch und recht aggressiv zeigen. Waren die Tänzer bei diesen Szenen dunkel gekleidet, so hatten sie dann helle Trikots an zum Zeichen der entfesselten Leidenschaft, mit der sie alles um sich herum vergessen. Und sie tanzen harmonisch die Liebessequenzen zu zarter Streichermusik, rennen quer über die Bühne, springen aufeinander zu und immer wieder fängt Romeo seine Julia auf.
Kurt Claus, Schifferstadter Tagblatt, 28. Oktober 2006
(…) Völlig Gegensätzliches kommt als deutsche Erstaufführung aus Romeos und Juliens Heimatland Italien in den Pfalzbau, wo das Aterballetto Reggio Emilia die zweiten Festspiele Ludwigshafen eröffnete. Wesentlich frischer und zupackender geht es in Mauro Bigonzettis Choreografie zu, statt Fechtszenen und Balkonromantik herrschen hier eigenwilliges Bewegungsvokabular und thematische Zuspitzung, Bigonzetti setzt die Geschichte der Liebenden als bekannt voraus, statt in Handlungsballett führt er die Zuschauer auf das Schlachtfeld der Liebe Romeos und Julias soweit das Auge reicht, ein Thema in Variationen. Sinnlich und mit großem Sog zäumt der Choreograf mit Videokünstler Fabrizio Plessi die Unmöglichkeit einer Liebe von hinten auf, 90 Minuten statt drei Stunden, leuchtende Lava statt höfischer Etikette, Gefühle statt tradierter Posen. Dirigent Bruno Moretti montierte Prokofjews dynamische Musik in neuer Reihung und die exzellent aufspielende Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz folgt ihm punktgenau (…)
Wo Gewalt herrscht, ist die Liebe unmöglich, so die Quintessenz dieser fulminanten choreografischen Arbeit, in der die Tänzer mit einem Fuß in einem Motorradhelm stecken. Hier wird die Liebe gegen die Wand gefahren, martialische Kostümteile (ebenfalls Fabrizio Plessi) zwingen zum abgehackten Duktus einer militaristisch geprägten Gesellschaft, die keine Liebe zulässt. Einzig den Tänzerinnen gelingt es, den Helm abzustreifen und Verwundbarkeit zuzulassen. Herzen tragen keine Helme, erfreulicherweise aber auch keine Rüschen.
Ralf-Carl Langhals, Mannheimer Morgen, 28. Oktober 2006
„ROMEO UND JULIA“ IM LAUFRAD
(…) Die symbolhafte Reduktion, die aus der dem Plakat zugrunde liegenden Zeichnung des Künstlers und Bühnenbildners Fabrizio Plessi spricht, nahm damit schon eine Hauptintention der Inszenierung vorweg: Die absolute Reduzierung und Abstrahierung der Shakespearschen Urgeschichte, hin zur universellen Gültigkeit, zu den ewigen Emotionen. Zu diesem Zweck werden die Liebenden nicht nur ihres Umfelds beraubt – kein Verona, keine Familienfehde, kein historisch entrückter Zeitrahmen; vielmehr ist jeder Tänzer ein Liebender, gibt es eine ganze Schar von Paaren, die in immer neuen Konstellationen Liebe, Schmerz und Tod durchleiden.
Das Konzept klingt viel versprechend, und so trumpft Choreograph Maurizio Bigonzetti zu Beginn des Abends mit einer Vielzahl guter Ideen auf; etwa wenn er durch sechs Tänzer auf Bahren, die durch Videoprojektion wie in Brand gesteckt wirken, den finalen Liebes- und Todeskampf der Titelfiguren, das letzt Aufbäumen, in verdreifachter Form dem ganzen Abend voranstellt. Oder in einem fesselnden Solo, dessen Tänzer mit einem Fuß in einem Motorradhelm steckt: Die beeindruckenden Torsionen des Körpers und die Instabilität des runden Helmes als „Standbein“ schaffen spannungsvolle Momente und Bewegungen, die hohe Erwartungen wecken.
(…) Ihre unbestritten größte Stärke zeigt die Inszenierung im Bühnenbild des Videokünstlers Plessi. Als Meister der subtilen Beleuchtung arbeitet er fast grafisch die sehnig-muskulöse Körperlichkeit der Tänzer heraus, die so besonders nah an den Zuschauer heranrückt.
Sarah Bautz, Wiesbadener Tagblatt 28.10.2006
TRIUMPH DER LIEBE
(…) Mit einer revolutionären Inszenierung von Shakespeares Ballett „Romeo und Julia“ haben die Ludwigshafener Festspiele am Wochenende bei ausverkauftem Haus einen ersten Höhepunkt erlebt. Der italienische Choreograf Mauro Bigonzetti hat die bekannteste Liebesgeschichte der Welt mit seinem Aterballetto Reggio Emilio neu erfunden – er erzählt sie genau umgekehrt. Indem er die tragische Grabszene an den Anfang und die Balkonszene an das Ende stellt, ermöglicht er Romeo und Julia ein Happy End. Dieser choreografische Meisterkniff bildet den Rahmen einer ausdruckstarken, puren, sinnlichen und kraftvollen Inszenierung, wie es derzeit wohl keine Vergleichbare gibt. Bigonzetti reduziert die Handlung auf das Liebespaar, von dem Millionen auf der Welt existieren – und jedes anders liebt. In allen erdenklichen Positionen und Haltungen umschlingen und verschlingen sich zehn Romeos und zehn Julias zu Prokofjews Musik auf der Bühne. Mit irrer Geschwindigkeit rasen sie auf ihre Liebe zu, springen sich an und selbst Knie und Armschoner können ihre Seelen nicht schützen.
Liebe ist gefährliche. Liebe wirft aus der Bahn. Und doch müssen Liebende ständig Balance halten – Bigonzetti lässt Romeo mit einem Motorradhelm am Fuß tanzen, was ihm akrobatische Höchstleistungen abverlangt. Romeo windet sich, er quält sich, doch den „Klotz am Bein“, sein Schicksal, wird er niemals los. Schmerzhaft erfahren die Naiven, dass es für ihre Liebe keine Hoffnung gibt. Hilflos, ferngesteuert wie Marionetten versuchen sie sich zu lösen – doch sie kleben aneinander. Shakespeare sah nur eine Lösung: Er vereinte sie im Tod. Nicht so Bigonzetti, der allen Liebenden Mut machen möchte. In seiner tief anrührenden Version kann Liebe Berge versetzen. Und so überwinden Romeo und Julia ihre Angst und klettern auf einen riesigen Kubus, um sich über einem rötlichen Wasserfall endlich in die Arme zu schließen. Die Licht – und Farbinstallationen von Fabrizio Plessi, der die Bühne mal in sattes rot, warmes gelb oder kühles weiß taucht, verleihen dem Stück einen Hauch von Magie. So entstehen traumhaft schöne Bilder und Gefühle, die niemand so schnell vergessen wird.
Julia Vettermann, Welt Kompakt, 31. Oktober 2006
HELM AM FUSS
(…) Als der Vorhang sich öffnet, liegen drei Romeos und drei Julias auf einem Bett aus purer Leidenschaft. Flammen umspielen sie, und am Ende, wenn zwei von ihnen (erneut) zueinander finden, funkelt sogar der Video-Wasserfall goldorange. Das Signal ist klar an diesem Abend, an dem es um die berühmteste Liebesgeschichte geht: Der Romeos und Julias sind viele auf dieser Welt. Und als Symbol für ihre tiefsten, wildesten Gefühle taugt immer noch das Naheliegende: Feuer.
Sylvia Staude, Frankfurter Rundschau, 31.10.2006
BOTSCHAFT VON EINEM ANDEREN STERN
(…) Und Bigonzetti choreografiert das als einen anderthalbstündigen kosmischen Reigen um Liebe, Leidenschaft, Kampf und Tod – in einem Universum der zehn Paare, deren Leiber aufeinander prallen, die durch die Luft segeln und mit sekundenhaftem Timing aufgefangen werden, um sich in immer wieder abgewandelten Gruppierungen neu zu paaren: ein atemloses Ballett der elementaren Lust – von einem Houllebeeq aus der Emilia Romagna.
Damit hat Bigonzetti ein neues künsterisches Reifestadium erreicht, hat seine Compagnia Aterballetto das Image prägende Signet ihres Repertoires erhalten und die Kompanie selbst zehn Jahre nach der Ernennung Bigonzettis zu ihrem künstlerischen Leiter und Chefchoreografen die Bestätigung ihrer internationalen Qualität.
Koeglerjournal, 1. November 2006
DIE LIEBE UND DER EWIGE FLUSS DES LEBENS
(…) Anlass war die deutsche Erstaufführung des Balletts „Romeo und Julia“ durch das Aterballetto Reggio Emilia in der grandiosen Choreografie von Mauro Bigonzetti, zweifellos einer der Höhepunkte der diesjährigen II. Festspiele Ludwigshafen.
Die Inszenierung entstand in Zusammenarbeit mit Fabrizio Plessi, der die Idee mitentwickelte und das Bühnenbild entwarf. Das eine ist so bemerkenswert wie das andere: Das Stück, zu dem die Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz unter Leitung von Bruno Moretti eine musikalische Montage nach Serge Prokofjew spielte, ist in vier Handlungsblöcke gegliedert, die das Geschehen von hinten aufrollen. Tod – Duell – Liebe – Begegnungen sind die Stationen, die das Liebespaar in neunfacher Spiegelung durchlebt und durchtanzt, denn es sind nur Romeos und Julias zu sehen, auf die Nebenfiguren wurde verzichtet.
Diese Konzentration auf die handlungstragenden Figuren und ihre leidenschaftlichen Gefühle geben der geradezu akrobatischen Choreografie eine Ausdruckskraft, die von Plessis monumentalem Bühnenbild adäquat aufgefangen wird. Darin finden sich die Gestaltungsmittel, die der Italiener seit den frühen sechziger Jahren als sein künstlerisches Vokabular nutzt und erweitert hat. An erster Stelle ist hier das Wasser als das Lebenselement schlechthin zu nennen. Im romantischen Ballettfinale verbindet es als Lichtwasserfall zwei Berge, auf denen die Liebenden sich einander entgegensehnen. Ein schöneres Symbol für das Einswerden von Materie, Körper und Geist ist nicht vorstellbar.
Martina Wehlte, Badische Neueste Nachrichten, 2. November 2006
DIE AUSSERGEWÖHNLICHE INSZENIERUNG EINES KLASSIKERS
Seine 20 Tänzerinnen und Tänzer prallen zwischen den Polen von Selbstschutz und Verletzlichkeit aufeinander. Mit Knieschonern und wattierten Brustpanzern ausstaffiert, einbeinig mit Motorradhelmen an den Boden und die Schwerkraft gefesselt, befreien sie sich immer mehr von dieser hemmenden Außenhaut und finden in betörenden, körperverschlingenden Pas de deux zueinander.
Im Kontrast dazu formiert Bigonzetti seine Compagnie zu martialischen Gruppentänzen, in denen die Konformität einer seelen- und gefühllosen Gesellschaft zum Thema wird.
Das goldene Licht und die Bühnenobjekte von Fabrizio Plessi tragen viel zur grandiosen Wirkung der Aufführung bei. Zwischen zwei riesigen Propellern, den Wind der Veränderung symbolisierend, treffen Romeo und Julia aufeinander; im Lichtkatarakt zwischen riesigen Mauerblöcken, die von einem Tänzerpaar im Schlussbild bestiegen und überwunden werden, kommt es zur letzten Vereinigung. Athletisch trainiert und tänzerisch furios ist dieses „Romeo and Juliet“-Ballett ein Fest fürs Auge und Gemüt.
Dietholf Zerweck, Ludwigsburger Kreiszeitung, 2. November 2007