CENTRO COREOGRAFICO NAZIONALE / ATERBALLETTO
PRESSESTIMMEN
AKROBATISCHE KÖRPERSKULPTUREN
(…) Bigonzetti setzt auf Intensität und Körperlichkeit und arbeitet mit starken Kontrasten. Einer Hochspannung aus der Körpermitte heraus stehen betont periphere, ungestüme Impulse gegenüber, schnellen hektischen Ausbrüchen Bewegungen in Zeitlupe oder Stillstand und einer ins Extrem erweiterten Extension ein Zusammenklappen oder Erschlaffen. Grosse Linien werden plötzlich mehrfach gebrochen oder langsam in Verrenkungen überführt. Immer wieder verknäueln sich die einzelnen Tänzerinnen und Tänzer zu Körperskulpturen oder werfen sich gegeneinander.
(…) Ob staccato oder im durchgehenden Fluss – alle Bewegungen wirken wie von einer unwiderstehlichen Dynamik angetrieben, bersten fast vor Energie. Und das ganze Ensemble tanzt mit aussergewöhnlicher Intensität, Kraft und Dramatik. Das akrobatische Zusammenspiel mit seinen wilden Kraftübertragungen, riskanten Gewichtsverlagerungen und multiplen Schwerpunktverschiebungen funktioniert perfekt.
Ursula Pellaton, Der Landbote, 25. November 2006
PACKENDES TANZTHEATER UM MOZART
(…) Was das blutjunge, italienische Ensemble „Compagnia Aterballetto“ bei seinem Gastspiel im Theater der Stadt Schweinfurt auf die Bretter stellte, war eine moderne Demonstration knallharter Tanzakrobatik. Besonders der zweite Teil des Abends geriet zum packenden Bewegungstheater in dessen Zentrum das Leben und die Musik Mozarts stand. Die Choreographie des künstlerischen Leiters Mauro Bigonzetti setzt dabei ausschließlich auf experimentelles Tanztheater, bei der feste und freie Elemente fließend ineinander übergehen. Die ganze Geschichte wird durch drei Faktoren nachhaltig beeindruckend: Energie, Akrobatik und Kondition. Das Verblüffende dabei ist die Kreativität und die Impulse mit der jeder aus dem Ensemble die getanzten Emotionen auf der Bühne umsetzt.
Thomas Starost, Schweinfurter Tagblatt, 20. November 2006
AKROBATISCHE VERSCHMELZUNG
(…) Zu Beginn spielt Bruno Moretti am Flügel, eine Tänzerin singt nach kleinen Stimmübungen mit einer klaren Sopranstimme, dann beginnt der Tanz, die einzelnen Posen der Tänzer verschmelzen zu einem weichen Gesamtbild. Meist paarweise wiegen sie sich zur Musik, geschmeidig und zart, die Bewegungen werden lang und ausdrucksstark. Die Choreographie ist indes sehr akrobatisch. Mauro Bigonzetti lässt die Paare miteinander verschmelzen, sich verknäulen, sie schmiegen ihr Gesicht anlehnungsbedürftig an die Fußsohle des Partners, sie halten sich umklammert, sie stoßen sich weg und finden am Ende des Pas de Deux wieder zueinander. Die Kostüme, die Maurizio Millenotti kreiert hat, sind ein Farbrausch, ein Spielen mit Stoffarten und Farben, das es eine wahre Pracht ist.
(…) Die Compagnia besteht aus versierten Tänzern, es sind vorwiegend Solisten, die alle ihren Raum bekommen und zeigen, wie präzise und konzentriert sie mit ihrem Körper arbeiten. Eine hohe künstlerische Leistung mit Anspruch und viel Emotionalität in den einzelnen Bewegungen.
Fee Berthold, Main-Echo, 13. November 2006
AUF DEN VERSTÖRENDEN SPUREN DES SENTIMENTS
(…) Seine Bewegungsmuster sind ein wirkungsvoller Mix aus klassischen Elementen, Artistik und modischen Effekten, die auf den ersten Blick verblüffen, sich aber irgendwann ein bisschen abnutzen. Akrobatische Hebefiguren gehören dazu, gefährlich verschachtelte Körper und ein atemberaubendes Timing. Was bleibt ist ein Staunen über die Weitsicht, mit der Bigonzetti den Raum betanzen lässt und über die unglaubliche Präzision dieser Truppe.
Das Ensemble ist auf einem absoluten technischen Höchststand, virtuos in jedem Detail, in jeder Aktion.
Sabine Rempe, Fürther Nachrichten, 10. November 2006
DIE PURPURROTE SEELE DES ROKOKO
(…) Mauro Bigonzetti, der beim Aterballetto als Tänzer, Choreograf und – seit 1997 – dessen Leiter zu künstlerischer Größe wuchs, präsentierte zwei Werke, die gerade in ihrer Gegensätzlichkeit die vielfältigen und herausragenden tänzerischen Qualitäten der Compagnie widerspiegeln.
(…) Umso verspielter, augenzwinkernder huldigt Bigonzetti in dem zweiten Stück des Abends dem Genie Wolfgang Amadeus Mozart mit gestisch-körpersprachlicher Raffinesse. Seite Initialen ergeben den Titel “WAM“, seine Musik, live gespielt von Bruno Moretti am Klavier und vom Band dazugemischt, ist der Treibsatz für die vielfältigen Rollenspielereien der Tänzer. Eine Primadonna entfaltet vor einem Jüngling das Innere ihres bauschigen Rocks wie ein goldglänzendes Geheimnis; eine Tänzerin traktiert bei ihrem Solo ein Spielzeugspinett mit ihren Füßen und zaubert so elektronisch verfremdete Töne hervor; eine Gruppe Männer parodiert mit schweren Schritten und ausladendem Gestus die grazilen Bewegungen der Tänzerinnen beim klassischen Ballett.
Die munteren Assoziationen zum – auch in den Kostümen zitierten – Püppchenhaften des Rokoko finden ihre seelische Tiefe, ihren körperlichen Kern im Pas de deux eines purpurrot gewandeten Paares. Anmutig und akrobatisch, kraftvoll und labil umtanzen die Beiden das Geheimnis von Mozarts Musik. Letztlich bleibt dieses zwar unfassbar, doch diese wunderbare Choreografie vermittelt eine Ahnung davon.
Thomas Heinold, Nürnberger Zeitung, 9. November 2006
DEM GENIE DEN WEG FREI TRAMPELN
(…) Und schon stampfen die tempeltanzenden Herren der italienischen Compagnie Aterballetto im Bühnen-Off die perlende Eleganz des Geburtstagskindes förmlich ein. Machen uns X-Beine für ein U und bringen Absätze zum Einsatz, die auch einem „Lord of the Dance“ schmerzten. „WAM“ nennt Choreograph Mauro Bigonzetti die kürzelvolle Auslese der Weltmusik des Wolfgang Amadeus Mozart, mit der man beim vom ZDF aufgezeichneten Gastspiel im dreifach ausverkauften Fürther Theater erneut triumphal abhob. Wow! Dachten sich die Zuschauer und applaudierten hemmungslos.
(…) Ins Rokokecke des „WAM“–Bilderbogens (2005) gereckt, entwickelt die immer wieder auf verblüffend hohem Niveau vorgeführte Körperbeherrschung ihre ganze Attraktivität. Auch hier ist die Musik –„Figaro“-Arien, Kammermusik und Klavier-Sonaten als Clip-Ästhetik zum Einhaken – Auslöser für schier unerschöpfliche Reizmomente verschlungener Körperwelten.
Die 18 Tänzer demonstrieren Solisten-Qualität und gleiten dennoch wie selbstverständlich ins Kollektiv zurück. Wenn sich die Operndiva aus ihrer roten Reif-rock-Robe schält, ist das Anfang einer Innenschau, die bei aller wirbelnden Artistik Komik zulässt und Mozart rumkugeln lässt. Ein Bonsai-Piano wird zum Spielball wummernder Klang-Umklammerung, im Hintergrund zieht ein Live-Pianist seine Bahn. Bilder, die haften bleiben wie das spektakuläre Schlussbild, wo Huckepack-Pärchen wie Wander-Schmetterlinge davonschweben. Ein Natur-Wunder in der Fürther Tanz-Reihe.
daer, Abendzeitung, 9. November 2006