CENTRO COREOGRAFICO NAZIONALE / ATERBALLETTO
PRESSESTIMMEN
KÖRPER WERDEN ZU SKULPTUREN
Dieser Abend geht an das Äußerste, was 18 Tänzer physisch zu leisten im Stande sind. Drei ausgedehnte Choreografien, die in Athletik, Akrobatik, tänzerischer Eleganz und Synchronität, rhythmischer Genauigkeit und gestischer Spannkraft die totale Verausgabung fordern. Wenn dann noch ein guter Schuss Poesie dazukommt, ist das Glück vollkommen.
Eugenio Scigliano gelang dieses Kunststück in „Don Q.“, einer Variation über Don Quixote. Vor fünf, wie in Spanien üblich stoffbespannten Mühlenflügeln, lässt er den Ritter von der traurigen Gestalt auf seinen Schöpfer Cervantes treffen. Der Dichterstuhl wird zum Fahrstuhl in die Fantasie, die eigene Erfindung zum realen Gegenüber. Dabei korrespondiert die Strenge iberischer Renaissancegesänge mit den elektronischen Verzerrungen des finnischen Akkordeonisten Kimmo Pohjonen.
Entstanden ist eine hochbewegte Dreiviertelstunde, deren ständiger Fluss eine Leichtigkeit atmet, die berauscht. Scigliano braucht nur ein paar Andeutungen, um Wirkung zu erzielen: Eine lederne Panzerkorsage am Arm des wunderlichen Landadeligen oder gesichtsverhüllte Lemuren- Geister etwa. Dazu ein wandlungsfähiges Tanzensemble, das die oft nur Bruchteile von Sekunden andauernden Sequenzen organisch umsetzt.
Lautstarker Beifall war die logische Folge.
Jens Voskamp, Nürnberger Nachrichten 21.3.2014
DER TRAURIGE RITTER WIRD ZUM MODERNEN HELDEN
Die Hauptattraktion des Fürther Abends galt Eugenio Scigliano und seiner neuen Choreografie „Don Q – Don Quixote de la Mancha“. Der 1968 in Kalabrien geborene und von Bigonzetti zum Aterballetto gebrachte Scigliano siedelt seinen berühmten Titelhelden weit weg von jeglicher humoristischer Ritterromantik an. Ein in sich versunkener Melancholiker tritt da auf die Bühne und lotet in intensiven Pas de deux sein Verhältnis zu Sancho Panza aus. Der wirkt hier nicht wie ein Diener, sondern wie ein enger Vertrauter – oder vielleicht sogar nur eine Fantasie? – Don Quixotes. Immerhin ist Panza in der Lage, Kontakt mit der übrigen, von der Compagnie in folkloristisch angehauchten Gewändern getanzten Gesellschaft aufzunehmen und zum Beispiel mal mit einer Frau von der Bühne zu verschwinden.
Don Quixote dagegen wirkt mehrfach gebunden: an einen Stuhl, der sein Pferd symbolisieren könnte; eingeengt ist er auch durch eine lederne Armmanschette. Videoprojektionen und eine Musik, die zwischen düsterelektronischem Geräuschesound und spanischer Flamenco-Folklore pendelt, verstärken den Eindruck der Zerrissenheit der Titelfigur. Sie bleibt isoliert zurück, „Don Q“ wird so zu einer suggestiven Tanzparabel über die Einsamkeit und Sehnsucht moder- ner Individuen. Scigliano demonstriert damit, wie sehr er sich seit der Präsentation seines Stücks „Blue“ 2003 in Nürnberg als Choreograf weiterentwickelt hat.
Thomas Heinold, Nürnberger Zeitung 21.3.2014
'Don Q.' wartet mit vielen berückenden Momenten auf. Der Stoff - ein Gigant unter den Mythen Europas - lässt freilich eine schier endlose Zahl der Deutungen zu. Scigliano, der wie kaum ein anderer die Fähigkeit zum Träumen besitzt, zeigt einen Ritter von trauriger Gestalt, der bedingungslos seinen Idealen folgt, aber stets von seinem Alter Ego Sancho Pansa gebremst wird. Das eindingliche Eröffnungsduett ist ein Kampf widersprüchlicher Impulse, nicht minder beharrlich als die Percussion-Begleitung des Finnen Kimmo Pohjonen. Auch im Verlauf des Stücks führt das ungleiche Paar seine konfliktreiche Beziehung fort, hängt doch Don Q. seinen Idealen von Reinheit nach, etwa in einer poetischen Traumszene, in der ihm zwei geisterhafte Erscheinungen wie lodernde Flammen begegnen. Sancho hingegen wählt die materialistische Seite des Lebens, geht schließlich in der Menge unter und lässt einen einsamen Don zurück, der heroisch an seinem Traum festhält.
Das Sujet rivalisierender Strebungen wird von Tänzergruppen aufgenommen und durch verschiedene Stimmungen von grotesk bis abstrakt dekliniert; in der letzten Szene formieren sich ihre Körper zu einer Mauer, an der Don Q.s Träume zerschellen. Die Kompanie nimmt mit starken künstlerischen Charakteren für sich ein, Hektor Budla gibt die Titelpartie mit hinreißend-schwärmerischer Poesie, während Daniele Ardillos melancholischer Sancho das Inbild eines schlichten Gemüts verkörpert, dem die höheren Gefilde der Kunst und des Träumens ein Rätsel bleiben.
Silvia Poletti, tanz März 2014
SYMPATISCHE REALITÄTSVERWEIGERER
Don Quijote, der Ritter von der traurigen Gestalt, ist seit Jahrhunderten Weltliteratur und hat auch im Tanztheater Spuren hinterlassen – als Liebender, aber auch als Prototyp aller Modernisierungsverlierer, als Verkörperung derjenigen, die die Widersprüche einer sich verändernden Realität aus der Balance bringen, die in Träume flüchten. Ein solcher Realitätsverweigerer ist der spanische Edelmann auch für den Choreografen Eugenio Scigliano: Die Spannung zwischen dem fantasierten und dem realen Sein, zwischen Wunsch und Wirklichkeit zieht sich wie ein roter Faden durch seinen "Don Q".
In dem radikal reduzierten Bühnenbild – einzig ein hölzerner Armsessel und drei keilartige von der Decke hängende Vorhangelemente – und atmosphärisch aufgeladen vor allem durch die Lichtinstallationen (Carlo Cerri) sowie die Musik ergibt das eine Montage unterschiedlichster Stimmungen und Aggregatzustände – von himmelhochjauchzend bis tiefbetrübt, mal surreal, mal romantisch, aber stets im typischen Aterballetto-Stil: Da werden die Körper in den Bewegungen gleichsam zerlegt und zu geometrischen Figuren und Mustern neu zusammengesetzt und am Ende bleiben Don Q. und San Pancha als Inkarnation sympathischer Neinsager und Nonkonformisten.
Michael Baas, Badische Zeitung 27.2.2014
Fortwährend antreibend und ungestüm, zu den Klängen klassischer spanischer Musik und Kimmo Pohjonens, inszenieren die Tänzer aufwühlend und ruhelos die Darstellung einer inneren Zerrissenheit: Die Auseinandersetzung mit wirren Träumen und das Aufrechterhalten wertgebender Ideale.
Immer wieder finden Annäherungen statt, die abrupt unterbrochen werden. Viele Einflüsse werden mit verwoben. Die unterschiedlichen Kostüme der Tänzerinnen verweisen auf Flamenco-Einschläge ebenso wie das rhythmische Klatschen. Die gesamte Kompanie, so scheint es, versucht sich hier, von einer Existenz frei zu tanzen, die als aufwühlender Kampf noch bis in die feinsten Drehungen und Biegungen in extaktisch anmutender Verwirrung dargestellt ist. Das Wesen des Künstlerseins, „gegen alle Widrigkeiten den Sinn für das Wunderbare im Leben wach zu halten“, wird mit größtmöglicher Ausdruckskraft, die zwischen Schwere und Leichtigkeit pendelt und offensichtlicher körperlicher Anstrengung umgesetzt.
Ursula König, Die Oberbadische 26.2.2014
TRIUMPH DER SINNLICHKEIT
Während Don Quijote de la Mancha den Herausforderungen der Neuzeit mehr schlecht als recht mit Hilfe seines Gefährten Sancho Pansa Paroli bietet, bleiben ihm doch seine Träume als Rückzugsgebiet. Illusionen, die ihm Erfüllung versprechen, je mehr sich seine Suche nach Liebe und Freundschaft als erfolglos erweist. Genau dies ist der Ansatzpunkt, an dem Choreograf Eugenio Scigliano sein Feuerwerk der überschwänglichen Leidenschaft zünden kann. In einem bunten Kaleidoskop tief empfundener Sinnlichkeit, das die 18 Tänzerinnen und Tänzer der Compagnia Aterballetto in immer neuen Variationen und Formationen in der Vorstellung des alternden Ritters freisetzen.
Kraftvolle Leichtfüßigkeit
Unglaublich, mit welcher kraftvollen Leichtfüßigkeit sie die Gefühlswelt des tragischen Antihelden in eine gleichsam schwerelose Traumlandschaft verwandeln. In einen von der tristen Alltäglichkeit abgehobenen Kosmos der Illusionen, in dem – wie sollte es anders sein – noch genügend Raum ist für eine Begegnung mit „seiner“ von ihm stets hoch verehrten Dulcinea. Diesmal bei gitarrenzarten Klängen klassischer spanischer Musik, im Unterschied zu den sonst eher wuchtigen elektronischen Effekten des finnischen Komponisten Kimmo Pohjonen.
Besonders bemerkenswert, dass Scigliano allen Tänzerinnen und Tänzern der Compagnia solistische Rollen zuweist und damit die Einzelauftritte in den Rang choreografischer Kabinettstücke erhebt. Von den asketisch dreinschauenden Kapuzenmönchen über die in burleskem Überschwang auftretende Landbevölkerung bis hin zu den erotischen Flamenco-Passagen der Huren und Zuhälter. Eine zauberhafte Kulisse nicht nur für die Vorstellungswelt des gealterten Don Q.
Weltexpress International 24.2.2014
ITALIENISCHE ATERBALLETTO ERNTET BEIFALLSSTÜRME
Zu klassischer spanischer Musik und experimentellen Klängen von Kimmo Pohjonen nehmen Don Quichotte und sein treuer Gefährte Sancho Pansa den Kampf gegen Windmühlenflügel und andere Ungeheuer auf. Ein Holzstuhl mit Pferdehufen auf Rollen ist auch dabei: Rosinante auf das Wesentliche reduziert.
Das kann man von der Choreografie nicht behaupten. Sparsame Gesten sind mit den Heldenträumen des Ritters nicht kompatibel; seine expressive Körpersprache lebt von großartigen Kampfgebärden und heroischen Posen, die plötzlich aufweichen und in sich zusammensacken.
Dann schläft Don Quichotte wieder und träumt von schönen Frauen, rauschenden Festen und wilden Kapuzenmönchen, die in rasend schnellen Gruppenszenen über die Bühne wirbeln. Vor den Windmühlensegeln, auf die sich allerhand bewegte Bilder projizieren lassen, ziehen leidenschaftliche Pas de deux und groteske Flamenco-Variationen wie Traumbilder vorüber - in ihrer Sinnlichkeit und ausladenden Körperlichkeit oft das genaue Gegenteil von dem, was die Mission des verhinderten Edelmanns ausmacht: den Sinn für das Wunderbare in der Welt wach zu halten, gegen alle Widerstände, auch, wenn man sich damit einsam und lächerlich macht.
"Don Q" stellt hohe technische und athletische Anforderungen an das gesamte Ensemble
Gunild Lohmann, General-Anzeiger Bonn 24.2.2014
COMPAGNIA ATERBALLETTO PRÄSENTIERT SICH VOLLER AUSDRUCKSKRAFT
Ein furioser Tanzabend. Auch diesmal begeistert die 18-köpfige Companie mit ihrer körperbetonten Vitalität, mit ihrem tänzerischen Können auf technischem und künstlerischem Spitzenniveau.
Für sein Werk 'Don Q.' hat sich der Choreograph Eugenio Scigliano von Miguel Cervantes 'Don Quichote de la Mancha' inspirieren lassen. Auf der leeren Bühne mit stilisierten Windmühlenflügeln stellen sich die Protagonisten der Geschichte vor: der fahrende Ritter Don Quichote, sein Freund Sancho und ein Rollsessel, der sich durch seine hufartigen Schnitzereien als Rosinante entpuppt - des Edlen altersschwacher Gaul. Der trägt ihn von Abenteuer zu Abenteuer. Doch diese Abenteuer sind Stationen seines Wahnsinns, mit dem sich unser Held vor der Realität und den Zwängen des Alltags in eine Traumwelt flüchtet.
Ist er nur ein Träumer auf der Suche nach Liebe und Freundschaft? Oder erleben wir hier das bedrängende Psychogramm einer kranken Seele, die in ihrer Isolation durch das Unverständnis ihrer Umgebung vollends zerstört wird?
Riesenapplaus nach einer Atempause!
Manfred Herker, Schweinfurter Tagblatt 18.2.2014
KAMPF DER GESCHLECHTER UND KÜNSTLERTRÄUME
Eugenio Scigliano verwandelt in „Don Q." Cervantes' parodistischen Ritterroman in eine Allegorie des Künstlertums und der Inspiration. Don Q. wandelt als staunender Träumer durch die Welt, während vor ihm ein irr- lichtender Reigen von Tanzszenen vorbeizieht. Allem Spott zum Trotz - der Künst- ler bleibt seinen Idealen treu.
Anne Abelein, Stuttgarter Nachrichten 15.2.2014
Ausgangspunkt dazu ist weniger die Orientierung an der traditionellen Ballett-Rezeption, mehr an dem Cervantes Roman innewohnenden Schwebezustand zwischen Realität und Traum. Vor allem ging es ihm darum, die zentrale Gestalt gegenüber der dramaturgisch an den Rand gedrängten Funktion in den Klassiker-Versionen in den Mittelpunkt des Geschehens zu holen. Dementsprechend sind Don Quixote und sein Knappe Sancho Pansa die ganze Zeit präsent, ihr einziger Rückzugsort ist ein historisch anmutender Stuhl, in dem sie sich in ihrer Angst vor den Auswüchsen der Zivilisation schutzsuchend immer wieder aneinander klammern. Da es Scigliano um das allgemeine Ungleichgewicht des Künstlers zwischen Alltag und erschaffenem Phantasieleben geht, der Titelheld in vielen unter uns steckt und seine Ideale von universeller Bedeutung sind, begegnet uns hier kein Ritter in herkömmlicher Rüstung, sondern ein Mann in schwarzer Hose und weißem Unterhemd, Sancho Pansa gleichsam als Freund in zeitlosen Brauntönen. Hektor Budlla (Quixote) und Saul Daniele Ardillo (Pansa) gebieten auch so über das erforderliche solistische Gewicht, um ihren Rollen Aussagekraft zu verleihen. Die sich ihnen entgegen stellende Realität in Form von Gruppenszenen, aber auch einer gleich doppelt vorhandenen Dulcinea, bringt die Farbe oberflächlich ausgelassener Tänze in traditionell anmutenden Kleidern ins Spiel. Dieser Kontrast wie auch das duale Verhältnis von Wahrheit und Fiktion spiegelt sich auch in der Gegenüberstellung von spanischer Barockmusik und den experimentellen Klang-Clustern des finnischen Akkordeon-Spezialisten Kimmo Pohjonen.
Die thematische Verbindung liefert zudem der Bühnenhintergrund mit Video-Aufnahmen von der Natur, über die die schwarzen Flügel einer Windmühle oder losgelöste Buchstaben gleiten und damit den Schwebezustand des Phantasten unterstützen (Bühne, Kostüme und Licht: Carlo Cerri, Kristopher Millar und Lois Swandale). Choreographisch gesehen stehen auf der Seite Quixotes und Pansas oft verlangsamt träumerische Motionen den mehr hektisch fahrigen Schrittkombinationen der Gruppenauftritte gegenüber. Beim Aufeinanderprallen beider Seiten gelingen Scigliano starke bildhafte Spannungsverhältnisse
Online Merker, Udo Klebes 14.2.2014
TRÄUMEN UND KÄMPFEN
„Und sogleich begann er sich mit seinen Genossen in den Verschlingungen der Tanzfiguren zu drehen mit so viel Wendungen und so vieler Gewandtheit, dass Don Quijote, wiewohl er des Anblicks von derlei Tänzen gewohnt war, keinen je so reizend gefunden hatte.“ So beginnt Cervantes die Beschreibung der Festlichkeiten mit allerlei Tänzen anlässlich der Hochzeit des Camacho, eine Episode, die Komponisten, Librettisten und Choreographen zu allen Zeiten immer wieder inspiriert hat. In diese Riege kann sich seit kurzem auch Eugenio Scigliano einreihen. Einst bester Tänzer Italiens, bändigt der Nachwuchs-Choreograf die entfesselte Bagage in wunderschönen Gruppenbildern und das Publikum im Ludwigsburger Forum am Schlosspark ist restlos begeistert.
In seinem „Don Q“, eine Auftragsarbeit des Aterballetto, skizziert Scigliano den Prototyp eines Künstlers. Während sein Knappe Sancho Panza sich vom schwindelerregenden Sog mitreißen lässt, betrachtet Sciglianos Ritter von der traurigen Gestalt das ausgelassene Treiben mit gemischten Gefühlen. Verarmter Landadel und Bauern in Fetzenröcken, Schnürmiedern, losen Hemden und weiten Hosen tanzen, beflügelt von spanischer Gitarrenmusik, als gäbe es kein morgen. Sie rennen, springen und gehen im Überschwang zu Boden. Einzelne parodieren kleine Demutsgesten, um flugs, als sei nichts gewesen, wieder in die Höhe zu schnellen. Als seien sie Goya-Bildern entsprungen, wirft diese Tänzerschar Arme und Beine in die Luft. Sie torkeln, trudeln und sind durchpulst von unbändiger Lebensfreude, die sich oft in schraubenden Drehbewegungen äußert. Ein weinselig dionysischer Rausch, der zum Bild erstarrt, den Träumer fassungslos mustert.
Organisch, weich und natürlich ist die Tanzsprache von Scigliano zu kontrastierender Musik. Zwischen Stücken wie „Asturiana“ von De Falla und fantastischen Klangexperimenten von Kimmo Pohjonen bewegt sich der Antiheld der Weltliteratur. Dieser sympathische Träumer und Kämpfer verwandelt sich zu einem beunruhigenden Sinnbild des Künstlers, der nicht aufgibt für seine Visionen zu kämpfen.
Leonore Welzin, tanznetz.de 20.2.2014
ATERBALLETTO – EIN BEUNRUHIGENDES SINNBILD DES KÜNSTLERS
Ein weiterer Höhepunkt war dann “Don Quixote de lan Mancha” mit klassischer spanischer Musik. Der junge Italiener Eugenio Scigliano sieht “Don Q.” als Träumer und machte dabei Bewegungen zur facettenreichen Metapher für einen vielschichtigen Seelenzustand. Der Tanz war hierbei das zuweilen bizarre Abbild einer inneren Welt aus Träumen und Idealen. Mitgefühl und Inspiration spielten eine große Rolle bei dieser emotional starken tänzerischen Darbietung. Cervantes Antilheld wurde dabei zum beunruhigenden Sinnbild des Künstlers in einem labilen Gleichgewicht zwischen Realität und der Fantasiewelt. Dies kam bei der gelungenen Choreographie vor allem visuell zum Vorschein: Eine wilde Fahrt durch den Wald und der Kampf mit den riesigen Windmühlen schufen eine elektrisierende Atmosphäre. Alte spanische Musik erklang dabei im reizvollen Wechsel mit Kimmo Pohjonens Klangexperimenten. Die Wirklichkeit hatte sich hier gegen die Ideale des Don Quixote verschworen und drohte sie zu ersticken. Durch das Sinnbild der Bewegung entstand aber auch ein neuer Zustand. Ein unerschöpflicher Quell der Inspiration war hierbei der Tanz. Der Edle kämpfte in einem Spanien ohne Regeln und Werte gegen die Angst und Unsicherheiten der Zeiten. Auch Don Quixotes Alter Ego Sancho Pansa vermochte als einfaches Geschöpf die Schönheit der Lebenserfahrungen zu genießen, um die Mühsal der Existenz zu überstehen. Der rhythmische Taumel der Kompanie war nicht mehr zu bremsen. Mit dieser Produktion über den “Ritter von der traurigen Gestalt” feierte “Aterballetto” seine vom Publikum bejubelte Deutschlandpremiere.
Online Merker, Alexander Walther 14.2.2014