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zur Startseite (ecotopia dance productions: Repertoire Centro Coreografico Nazionale / Aterballetto - Romeo and Juliet)

CENTRO COREOGRAFICO NAZIONALE / ATERBALLETTO

REPERTOIRE

IDEEMAURO BIGONZETTI UND FABRIZIO PLESSI
CHOREOGRAPHIEMAURO BIGONZETTI
MUSIKSERGEJ PROKOFJEW
BÜHNENBILD UND KOSTÜMEFABRIZIO PLESSI
LICHTDESIGNCARLO CERRI
ORCHESTERLEITUNGBRUNO MORETTI
URAUFFÜHRUNGMAI 2007 REGGIO PARMA FESTIVAL (I)
DAUER DER VORSTELLUNG90 MIN OHNE PAUSE
ON STAGE20 TÄNZER UND TÄNZERINNEN

Wohl keine Geschichte ist so oft erzählt, so weit verbreitet worden und hat damit die geographischen, kulturellen und Klassengrenzen so überschritten wie die Geschichte von Romeo und Julia.
Im antiken Griechenland durchquerte der Mythos, wie ein Wind, wie ein Fluss, Länder und Kulturen, wobei er sich zwar von Erzähltwerden zu Erzähltwerden veränderte, aber seinen tiefen Sinn immer bei sich trug.
Genauso durchquert heute der Mythos von Romeo und Julia - denn er ist einer - alle denkbaren sozialen Kategorien der westlichen Existenz und ist vermutlich die in unserer Kultur am weitesten verbreitete Geschichte.
Unmöglich also sich vorzustellen, irgendjemand wüsste nicht, wovon die Geschichte erzählt und was ihre grundlegenden Besonderheiten sind.
Warum haben sich diese beiden Liebenden so tief in unser Bewusstsein eingegraben? Warum können wir diese Geschichte als Mythos im klassischen Verständnis ansehen? Was macht sie universell?
Von Romeo und Julia kennen wir zahllose Bearbeitungen, die den Stoff, vermittels verschiedenster Kunstformen wie Oper, Ballett und Film, in alle möglichen historischen Zeiten und an mehr oder minder imaginäre Orte versetzen. Doch ganz abgesehen von den jeweiligen Figuren und Schauplätzen sind es die Gefühle, welche die Geschichte durchziehen und ihr tragendes Gerüst ausmachen, und sie dringen dabei so in uns ein, dass sie unsere westliche Sensibilität von Grund auf erschüttern.
Was bliebe denn übrig, wenn die Figuren in der Phantasie in eine starke „Windmaschine“ gerieten, die ihnen die Kostüme, die Theatermasken fortrisse und gleichsam durch einen Schälprozess den Kern jenes Stoffes bloßlegte, der alles stützt, und diese Begriffe als das ans Licht brächte, was sie sind?
Wir finden dann Leidenschaft, Streit, Schicksal, Liebe, Tod.
Damit haben wir die fünf Gottheiten des Mythos vor uns.
In einer Umgebung, die ich mir hoch technisiert und atmosphärisch dicht vorstelle (darin liegt der Grund für die Mitarbeit von Fabrizio Plessi), verleihen die Körper und Bewegungen durch die Tänzer diesen fünf Gottheiten eine neue Form - wie in einer Metamorphose, die noch durch die Besonderheiten der Technik und der Kostüme unterstrichen wird. Jeder Tänzer als Interpret und kreatives Subjekt der choreographischen Grundlage wird diesen Stoff formen und dessen tiefe Verbindung mit unserem eigenen Dasein neu übersetzen.
Wenn nun aber alles durch diese Windmaschine hindurchgeht, bleibt davon auch die dramaturgische Struktur nicht unberührt. Prokofjews Partitur wird die Pforte sein, durch die man in das dramaturgische Schema eintritt, das vom Komponisten selbst definierte Schema.
Beim direkten Vergleich mit Shakespeares Drama ist man erstaunt über die minutiöse Treue dieser Partitur, die dem Handlungsverlauf in allen bedeutsamen Windungen folgt. Sogar noch stärker verblüfft dieses Meisterwerk beim bloßen Zuhören, unter rein musikalischen Gesichtspunkten. Vor uns entfaltet sich dann ein großes sinfonisches Gefüge, solide gebaut in einer einheitlichen und eigenständigen musikalischen Form, die uns auf bewundernswerte Weise daran erinnert, dass die Musik - selbst dann, wenn sie nichts erzählt - erzählt.
Mauro Bogonzetti

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